Auf seiner Oktober-Sitzung hat der Senat der DFG die Einrichtung einer Forschergruppe „Bedarfsgerechtigkeit und Verteilungsprozeduren“ (FOR 2104) an der Universität Bremen beschlossen. Die Forschergruppe ist ein interdisziplinäres Kooperationsprojekt mit insgesamt elf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Universitäten Bremen, Hamburg, Oldenburg und Wien sowie der Jacobs University Bremen aus den Disziplinen Philosophie, Politikwissenschaft, Psychologie, Soziologie und Volkswirtschaftslehre. Sprecher der Forschergruppe ist der Volkswirt Professor Stefan Traub, Co-Leiter der Wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung des Zentrums für Sozialpolitik (ZeS). Die Universität Bremen ist zudem mit den Politikwissenschaftlern Professor Frank Nullmeier und Tanja Pritzlaff (beide ebenfalls vom ZeS, Abteilung Theorie und Verfassung des Wohlfahrtsstaates) und Professorin Dagmar Borchers (Institut für Philosophie) an der Forschergruppe beteiligt.
In der ersten dreijährigen Förderphase (2015-2017) wird die Forschergruppe der Frage nachgehen, wie auf individueller Ebene Bedarfe identifiziert und diese auf gesellschaftlicher Ebene anerkannt werden. Führt der Prozess der Bedarfsanerkennung zu einem stabilen Ergebnis? Und welche ökonomischen Anreizeffekte gehen von bedarfsgerechter Umverteilung aus? Eine Besonderheit der Forschergruppe ist, dass alle Teilprojekte interdisziplinär besetzt sind und die jeweiligen Fragestellungen mit Hilfe von Laborexperimenten untersucht werden, in denen Versuchspersonen realistische Verteilungsentscheidungen treffen. Das langfristige Ziel ist die Formulierung einer normativen Theorie der Bedarfsgerechtigkeit auf Basis dieser experimentellen Beobachtungen. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler orientieren sich dabei an zwei zentralen Vermutungen: zum einen, dass es dem Einzelnen leichter fällt, die bestehenden Verteilungsprinzipien zu akzeptieren, wenn diese transparent sind; zum anderen, dass die Zustimmung zum Verteilungsergebnis umso höher ist, je mehr Expertise bei der Verteilung herangezogen wird. Ausgehend davon sollen in der Folge passgenaue Analysen des Sozialstaats betrieben werden.
Eine Forschergruppe ist ein enges Arbeitsbündnis mehrerer herausragender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die gemeinsam eine Forschungsaufgabe bearbeiten. Das Forschungsvorhaben geht dabei nach seinem thematischen, zeitlichen und finanziellen Umfang über die Förderungsmöglichkeiten im Rahmen der DFG-Einzelförderung weit hinaus. Die Förderung von Forschergruppen soll helfen, für eine mittelfristige - meist auf sechs Jahre - angelegte, enge Kooperation die notwendige personelle und materielle Ausstattung bereitzustellen. Forschergruppen tragen dazu bei, neue Arbeitsrichtungen zu etablieren.
Die genaue Fördersumme der DFG für die Forschergruppe „Bedarfsgerechtigkeit und Verteilungsprozeduren“ ist den Antragstellern zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt, da der schriftliche Zuwendungsbescheid der DFG noch nicht vorliegt.
Kontakt:
Prof. Dr. Stefan Traub
Helmut-Schmidt-Universität Hamburg
Holstenhofweg 85
22043 Hamburg
Tel.: +49 40 6541-2865
E-Mail: stefan.traub@hsu-hh.de