Editorial
Zum zweiten Mal innerhalb nur eines Jahres hat die Wirtschaftswissenschaftliche Abteilung des ZeS Zuwachs zu verzeichnen: Der Politikwissenschaftler Philip Manow hat im Oktober 2010 seine Tätigkeit als Professor der Universität Bremen aufgenommen und wird gemeinsam mit Stefan Traub die Abteilungsleitung übernehmen. Über seine Ankunft in Bremen und besonders über sein ausgesprochen vielseitiges Themenportfolio freuen wir uns sehr! Der hier abgedruckte Aufsatz, der mit der Politischen Ökonomie und der Vergleichenden Sozialstaatsforschung zwei seine Arbeitsschwerpunkte anreißt, widmet sich einer aktuellen Debatte über den Zuwachs von Wohlfahrtsstaatlichkeit im Übergang von modernen Industrie- zu Dienstleistungsstaaten.
Ebenfalls vor einem Jahr ging es an genau dieser Stelle um den zwanzigsten Geburtstag des Zentrums und damit um eine Erfolgsgeschichte, um Kontinuität und Tradition. Nun weiß man, dass allzu feste Vergangenheitsbindungen noch keinem wissenschaftlichen Betrieb auf Dauer gut getan haben. Vielleicht kann man es in diesem Sinne auch als eine präventive Maßnahme, also eigentlich als gute Nachricht verstehen, dass unser Haus zum Jahreswechsel seinen Standort - und den Charakter seiner Architektur - wechseln wird. Das ZeS zieht um! Nach fast 20 Jahren im altehrwürdigen Barkhof finden wir uns im neuen Jahr im modernen UNICOM-Gebäude in Campusnähe wieder. Bitte beachten Sie: Mit der Haus- und Postadresse werden sich auch die meisten Kontaktdaten ändern. Wichtige Informationen dazu auf der letzten Seite dieses ZeS reports und natürlich auf unserer Institutshomepage.
(Christian Peters)
ZeS report
Der ZeS report erschien bis 2014 zweimal im Jahr, gibt Einblicke in aktuelle Forschungsarbeiten und informiert über neue Projekte, Veröffentlichungen, Tagungen u.v.m..
Editorial
Die Idee des Leitartikels, prozessproduzierte Sozialverwaltungsdaten zu nutzen, um Lebenschancen in Mindestsicherungssystemen zu untersuchen, wurde erstmals am Sonderforschungsbereich 186 „Statuspassagen und Risikolagen im Lebensverlauf“ in Kooperation mit dem ZeS ausgeführt. Der Ansatz ‚diffundierte’ später auch nach außen und fand im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit seine Fortführung. Vorliegender Text, eine Zusammenarbeit von Petra Buhr (EMPAS/Bremen), Torsten Lietzmann (IAB/Nürnberg) und Wolfgang Voges (ZeS/Bremen), würdigt sowohl die Entwicklung des Ansatzes als auch die fortgesetzte Arbeit der Kolleginnen und Kollegen in Nürnberg.
Maartje Boerma beleuchtet eine bis dato noch nicht intensiv untersuchte Frage. Der Artikel zu den Belastungseffekten bei Alleinerziehenden im Bereich der subjektiven Lebenszufriedenheit und dem Gesundheitsempfinden ist zugleich ein gutes Beispiel für die wissenschaftliche Nachwuchsarbeit: Die Autorin, die sich noch mitten im Studium befindet, war 2009 Praktikantin in der Gesundheitsabteilung am ZeS. Vorliegender Text fasst die Ergebnisse des dort von ihr betreuten Forschungsprojekts zusammen.
Mirella Cacace behandelt schließlich eine gesundheitspolitische Reform, die, wenn man die Schärfe der nationalen Debatte und die große Aufmerksamkeit der Medien als Maßstab nimmt, unbedingt zu einer der bedeutendsten in den letzten Jahrzehnten zu zählen ist. Doch wie weit reicht das Reformprojekt Obamas? Wird es seiner Administration tatsächlich gelingen, bei 32 Millionen bisher unversicherten Menschen eine Absicherung für den Krankheitsfall zu erreichen? Die Autorin leuchtet die Hintergründe aus und bezieht Stellung.
(Christian Peters)
Editorial
Auch bei uns gibt es allen Grund zum Erinnern: 2009 jährt sich nicht nur die Wende zum zwanzigsten Mal, sondern auch die Gründung des Zentrums für Sozialpolitik. Der Bielefelder Sozialpolitikforscher Franz-Xaver Kaufmann, mit der Entwicklung des ZeS als „teilnehmender Beobachter“ bestens vertraut, würdigte diese (Erfolgs-)Geschichte bei den Feierlichkeiten im Bremer Rathaus mit einer an historischen Details und offenen Worten gleichermaßen reichen Rede. Das wollten wir Ihnen nicht vorenthalten.
Die guten Seiten zeigen sich aber nicht nur im Rückblick, auch aus der Gegenwart und für die Zukunft des ZeS konnten in den letzten Monaten wichtige Meldungen verzeichnet werden. Dazu zählt die lange fällige Neubesetzung der wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung: Mit Professor Dr. Stefan Traub, der einen der beiden vakanten Leitungsposten übernehmen wird, wurde dafür ein volkswirtschaftlich kompetenter und innovativ arbeitender Ökonom gewonnen. Im Leitartikel dieses Reports gibt er Einblicke in einen seiner Arbeitsschwerpunkte, die experimentelle Verteilungsforschung, in der u.a. die Grundlagen der Bewertung von Einkommensverteilungen durch soziale Wohlfahrtsfunktionen mit Hilfe von kontrollierten Laborexperimenten getestet werden.
In eigener Sache: Gisela Hegemann-Mahltig und ihr Team haben in langjähriger und fruchtbarer Arbeit für den ZeS report hohe Maßstäbe gesetzt, wofür ihnen auch hier noch einmal gedankt sei. Ich hoffe, dem als neuer Forschungskoordinator gerecht werden zu können.
(Christian Peters)
Editorial
Das bietet uns Stephan Leibfried in seinem Rückblick: vom Juristen (noch in Berlin), einer ersten, zunächst sozialpädagogisch ausgerichteten, Professur (schon in Bremen) über den Sozialstaats-Soziologen zum Politikwissenschaftler (in der Forschung).
Zunächst mit der Armutsforschung als Mitte wurde aus (Sozial)Staatskritik (Sozial)Staatsforschung, die Ursprüngen und Entwicklungen nachspürt und die den internationalen Vergleich sucht: Reproduktionsrisiken, soziale Bewegungen und Sozialpolitik – Statuspassagen und Risikolagen im Lebensverlauf – Staatlichkeit im Wandel. Was mit einem Generalangriff auf einige Eckpunkte des Bildungs- und Forschungssystems begann, mündet in einer neuen Universität schließlich in der Erfahrung: Es braucht gut ausgebaute, flexible Forschungsstrukturen und -einrichtungen, wenn man nachhaltige Sozialforschung und Ausbildung betreiben will – exzellent und reflexiv, und (so Stephan Leibfried) ein Kind seiner Zeit.
Diesem persönlichen Blick auf gut 20 Jahre sozialpolitischer Forschung folgen zwei Berichte aus aktuellen Forschungsarbeiten eines neuen Mitarbeiters und einer neuen Mitarbeiterin im ZeS: Oliver Pamp beschäftigt sich mit Einkommensungleichheit und Umverteilung; Andrea Schäfer beleuchtet die Umsetzung des EU Aktionsplans zur Teilhabe von Frauen in Führungspositionen: Frauen im Management in Europa.
(Gisela Hegemann-Mahltig)
Editorial
Heinz Rothgang untersucht die Wirkungen des Pflege-Weiterentwicklungsgesetzes (PfWG), das im Juli 2008 in Kraft getreten ist. Im Vordergrund des Beitrags stehen Fragen der Leistungsdynamisierung und der Finanzierung. Sein Fazit: viele gute Ansätze auf der Leistungsseite, aber weiterhin hoher Reformbedarf auf der Finanzierungsseite.
Der Missbrauch von Psychostimulantien ist Thema des Beitrags von Gerd Glaeske: Viagra für’s Gehirn? - ist die Frage danach, in welchem Ausmaß und mit welchen Folgen psychostabilisierende Medikamente - zweckentfremdet - als Dopingmittel für den Alltag eingenommen werden.
Die gleichstellungspolitischen Ziele des SGB II waren Gegenstand eines gemeinsam mit der Evangelischen Akademie Loccum durchgeführten ExpertInnen Workshops. Sigrid Betzelt fragt nach: „Wer wird ‚aktiviert’ - und warum nicht?“ - und stellt damit erste Erkenntnisse zur Realisierung der gleichstellungspolitischen Ziele des SGB II vor.
In den Berichten über Tagungen und Projekte werden diese Themen ebenfalls aufgegriffen - und der Bericht über die erfolgreiche Evaluation des Zentrums für Sozialpolitik im Mai 2008 gibt einen Einblick in das gesamte Spektrum der Forschungs-, Lehr- und Transfer-Aktivitäten des ZeS.
(Gisela Hegemann-Mahltig)
Editorial
Wir betrachten sie diesmal unter einem sonst weniger beachteten, dem Gender-Aspekt. Trägt Hartz IV dazu bei, bestehende Ungleichheiten zwischen Männern und Frauen aufzuheben? Bringen Aktivierungspolitik und die Norm der universellen Erwerbsbürgerschaft einen Einbruch in das konservative deutsche Gender-Regime? Sigrid Betzelt analysiert die institutionellen Regelungen des SGB II, vorliegende Arbeitsmarktstatistiken und erste Befunde der gesetzlichen Evaluationsforschung – ihr Fazit: Verschärfte Ungleichheiten und konzeptionelle Flickschusterei.
Wie präsent sind die Versicherteninteressen? – ist eine der Fragen, mit denen sich Bernard Braun, Tanja Klenk und Frank Nullmeier in einem Bericht über das Gutachten Geschichte und Modernisierung von Sozialwahlen befassen. Sie stellen Ergebnisse und Vorschläge des vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in Auftrag gegebenen Gutachtens vor.
Stephan Köppe betrachtet die Entwicklung von Wohlfahrtsstaaten und Wohlfahrtsmärkten. Unter welchen Bedingungen entwickeln sich Externalisierung und Vermarktlichung von sozialen Gütern, wo sind sie am weitesten fortgeschritten, mit welchen Folgen? Drei Länder – Deutschland, Schweden und die USA – wurden für die vergleichende Untersuchung über Pioniere und Nachzügler der Sozialpolitik ausgewählt.
(Gisela Hegemann-Mahltig)
Editorial
Einen besonderen Schwerpunkt auf internationale Analysen legt die Abteilung Institutionen und Geschichte des Wohlfahrtsstaates. Herbert Obinger, seit Ende 2006 – neben Stephan Leibfried – Leiter dieser Abteilung und Leiter eines Projekts im Sonderforschungsbereich Staatlichkeit im Wandel (Sfb 597) sowie Julia Moser und Peter Starke, beide Mitglieder des Sfb, stellen einen Teil dieser Arbeiten vor. Sie sind zugleich Indiz für die enge Vernetzung des ZeS im sozialwissenschaftlichen Forschungsverbund der Universität Bremen.
Sozialpolitische Nettoausgaben im internationalen Vergleich sind Gegenstand von Obingers Analyse. Herbert Obinger zeigt auf, dass eine Analyse, die auf die öffentlichen Bruttoausgaben beschränkt bleibt, den tatsächlichen wohlfahrtsstaatlichen Ressourcenaufwand nicht adäquat abbildet. Werden die Effekte des Steuersystems und private Leistungen in die Untersuchungen einbezogen, können erhebliche Verschiebungen im internationalen Vergleich nachgewiesen werden.
Julia Moser richtet den Blick auf die Schweiz, einem eher atypischen Beispiel expandierender Sozialpolitik, während Peter Starke sich mit – der eher als typisch konstatierten – Kürzungspolitik beschäftigt und dazu die Entwicklung Neuseelands mit den Entwicklungen in Deutschland, Großbritannien und Schweden vergleicht.
(Gisela Hegemann-Mahltig)
Editorial
Grundsatzfragen sozialer Sicherung, Konzepte, Finanzierung, institutionelle Zuordnungen – all dies sind Forschungsfragen, denen das ZeS seit seiner Gründung nachgegangen ist. Die Vielfalt der beteiligten Disziplinen zeichnet die Arbeit des ZeS aus. Ökonomische Forschung, im ZeS in der Wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung beheimatet, hat daran einen starken und unverzichtbaren Anteil. Winfried Schmähl, seit Bestehen des ZeS Leiter der Wirtschaftswissenschaftlichen Abteilung, hat diese Arbeit entscheidend geprägt.
Winfried Schmähl zeichnet die Entwicklung der Abteilung und ihrer Arbeitsschwerpunkte nach – eine persönliche Bilanz, die auf ebenso erfolgreiche wie zahlreiche Forschungsarbeiten zurückgreifen kann. Sie sind zugleich in ungewöhnlich hohem Maß mit fundierten Erfahrungen und engagiertem Einsatz an entscheidenden Stellwerken – nationaler wie internationaler – sozialpolitischer Praxis verknüpft.
Weitere Einblicke in die Arbeit der Abteilung bietet Uwe Fachinger mit einem Beitrag über Neue Erwerbsformen sowie Angelika Oelschläger zum Thema Entgeltumwandlung und Lohnnebenkosten.
Winfried Schmähl wird die Universität Bremen und das ZeS zum Ende des Sommersemesters verlassen. Wir schließen uns seinem Appell (der Hoffnung) an, dass der Universität Bremen mit dem Zentrum für Sozialpolitik ein weithin angesehener Standort sozialpolitisch orientierter ökonomischer Forschung erhalten bleibe.
(Gisela Hegemann-Mahltig)
Editorial
Seit knapp 20 Jahren betreibt das Zentrum für Sozialpolitik gesundheitswissenschaftliche Forschung. Gesundheitspolitik, Arbeits- und Sozialmedizin – der Name der Gesundheitswissenschaftlichen Abteilung – waren die zentralen Stichwortgeber. Gesundheitspolitische Entwicklungen wurden wissenschaftlich analysiert und vielfältige Impulse für Akteure im Gesundheitswesen weiter gegeben.
Mit der besonderen arbeits- und sozialmedizinischen Kompetenz von Rainer Müller, Leiter der Abteilung seit Bestehen des ZeS, richteten sich diese Forschungen nicht nur auf allgemeine gesundheitspolitische Entwicklungen und Institutionen; auch Betriebe waren Gegenstand der Analyse – und Beratung. Wenn Rainer Müller das ZeS und die Universität mit Ablauf des WS 06/07 verlässt, wird dieser Strang – bedauerlicherweise – schwächer werden.
Mit Heinz Rothgang als neuem Leiter der Abteilung wird die Gesundheitsökonomie ein größeres Gewicht bekommen, ebenso wie die (Arzneimittel-)Versorgungsforschung, die, unter der Leitung von Gerd Glaeske, bereits seit Jahren erfolgreiche Arbeit leistet.
Und die Gesundheitspolitik? Sie wird weiter im Fokus stehen. Mit dem neuen Namen Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung wird der Wandel deutlich, aber auch die Kontinuität!
Rainer Müller und Heinz Rothgang beschreiben Entwicklung und Zukunft; Gerd Glaeske stellt die Versorgungsforschung vor.
(Gisela Hegemann-Mahltig)
Editorial
Einleitend unternimmt Wolfgang Voges konzeptionelle Überlegungen zu den theoretischen Grundlagen und Bezugsrahmen einer an Lebenslagen orientierten Wirkungsforschung und plädiert für eine stärkere Berücksichtigung eines reformulierten Lebenslagenansatzes in der Sozialberichterstattung.
Petra Buhr befasst sich mit den Auswirkungen von Fallpauschalen für die Patientenversorgung im Krankenhaus und stellt Forschungsansatz wie erste Ergebnisse aus einem Projekt vor, das sich mit Wandel von Medizin und Pflege im DRG-System (Diagnosis Related Groups) befasst.
Die Arzneimittelversorgung von Frauen und Männern im höheren Lebensalter ist Gegenstand des Beitrags von Gerd Glaeske, in dem die Einflüsse von Alter und Geschlecht auf die Arzneimittelversorgung untersucht werden.
Berichte über Tagungen und Projekte, Hinweise auf Veranstaltungen und neuere Veröffentlichungen geben darüber hinaus Einblick in weitere Themen und Arbeitsstränge des ZeS, insbesondere auch im Kooperationsverbund mit anderen sozialwissenschaftlichen Instituten und Forschungseinrichtungen der Universität.
(Gisela Hegemann-Mahltig)
Download: Errata zum ZeS report 1/2006: Die Überschrift von Tabelle 1 auf Seite 3 in dem Artikel Indikatoren im Lebenslagenansatz. Das Konzept der Lebenslage in der Wirkungsforschung hat versehentlich eine falsche Überschrift erhalten.