Archiv

Mitteilungen des SOCIUM seit 2015, aber auch ältere Mitteilungen aus dem ZeS und EMPAS aus den Jahren 2014 bis 2008.

News filtern
SuchErgebnis:
Foto: SenatspressestelleFoto: Senatspressestelle
Senatorin Anja Stahmann begrüßt die Projektteilnehmenden im Bremer Rathaus

Zum Auftakt des auf neun Jahre angelegten Projekts TCALL (Transfercluster Akademischer Lehrpflegeeinrichtungen in der Langezeitpflege) hat die Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport am Montag den 03.04.2023 im Rathaus Projektpartner:innen aus Wissenschaft und Praxis sowie weitere Akteure aus dem Bereich Pflege und Politik im Rathaus willkommen geheißen. Das Projekt initiiert durch die Entwicklung akademischer Lehrpflegeeinrichtungen in drei Modelleinrichtungen in Bremen den Aufbau neuer Innovations- und Transferstrukturen in der Langzeitpflege. Perspektivisch zielt das Projekt auf die Dissemination dieser Strukturen, in denen sowohl technische und digitale als auch strukturelle und prozesssteuernde Innovationen getestet, evaluiert und implementiert werden können, ins Land Bremen und ins gesamte Bundesgebiet ab.

Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 16 Mio. Euro gefördert und von Prof. Heinz Rothgang (Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung des SOCIUM - Universität Bremen) koordiniert. Im Projekt wird die Expertise unterschiedlicher Akteure im Pflegesektor des Landes Bremens vereint. Neben dem SOCIUM sind als wissenschaftliche Projektpartner:innen Prof. Karin Wolf-Ostermann und Prof. Ingrid Darmann-Finck aus dem Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) sowie Prof. Karsten Wolf aus dem Zentrum für Medien-, Kommunikations- und Informationsforschung (ZeMKI) von der Universität Bremen und Prof. Claudia Stolle, Zentrum für Pflegeforschung und Beratung von der Hochschule Bremen beteiligt. Weitere Projektpartner sind Prof. Matthias Zündel vom Integrierten Gesundheitscampus Bremen (IGB), das Bremer Zentrum für Pflegebildung sowie als Praxispartner das Johanniterhaus Bremen und zwei Einrichtungen des Caritasverbands Bremen.

Die Auftaktveranstaltung hat alle beteiligten Projektpartner sowie weitere Akteure des Pflegesektors und der Politik und insbesondere die Mitarbeitenden aus den beteiligten Pflegeeinrichtungen zusammengebracht. Bei der Auftaktveranstaltung wurden die Redebeiträge von Anja Stahmann (Senatorin für Soziales, Jugend, Integration und Sport), Tim Cordßen-Ryglewski (Staatsrat bei der Senatorin für Wissenschaft und Häfen), Prof. Maren Petersen (Konrektorin für Lehre und Studium an der Universität Bremen), Dr. Sabina Schoefer (Konrektorin für Digitalisierung an der Hochschule) und Prof. Heinz Rothgang (Hochschullehrer an der Universität Bremen und Projektkoordinator) mit interaktiven Elemente sowie einem informellen Zusammenkommen abgerundet.

Unter folgenden Links finden Sie weitere Beiträge zu dieser Veranstaltung:

https://gesundheitscampusbremen.de/presse/auftaktveranstaltung-projekt-tcall/
https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/forschung-bremen-pflege-100.html
https://www.sat1regional.de/pflege-der-zukunft-erste-akademische-lehrpflegeeinrichtung-in-bremen-eroeffnet/
https://www.weser-kurier.de/deutschland-welt/bremen-forschungsprojekt-soll-altenpflege-verbessern-doc7pm6vvta65s6s9tf34n


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

Projekt von Prof. Haunss veröffentlicht Daten-Plattform

Wer demonstriert wann, wo und zu welchem Thema? Während Wahlergebnisse und Bevölkerungsumfragen für die breite Öffentlichkeit zugänglich sind, gilt dies bisher nur sehr begrenzt für Daten zu Protestdynamiken in Deutschland. Wissenschaftlich abgesicherte Informationen darüber, wer, wann, zu welchen Themen und mit welchen Mitteln protestiert, sind jedoch von zentraler Bedeutung für Journalist:innen, die Zivilgesellschaft und die interessierte Öffentlichkeit, um aktuelle Protestereignisse einordnen und deuten zu können. Prof Dr. Sebastian Haunss vom SOCIUM, zusammen mit anderen Wissenschaftler:innen vom Institut für Protest- und Bewegungsforschung (ipb) haben vor diesem Hintergrund eine einfach handhabbare und frei zugängliche Online-Plattform entwickelt, auf der systematisch erhobene Daten zum Protestgeschehen im Deutschland aufbereitet und für eine breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Plattform protestdata.eu beinhaltet Informationen zu Protestkampagnen und Protestaktionen von 1950 bis 2002 im gesamten Bundesgebiet sowie in 18 deutschen Städten zwischen 2009 und 2020.

 

protestdata.eu ist ein Gemeinschaftsprojekt des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) und des Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM). An beiden Institutionen forschen Teams zur zeitlichen und thematischen Entwicklung von lokalem Protest. Die Idee zur Visualisierung der Daten für eine breitere Öffentlichkeit ergab sich durch die laufende Kooperation in einer Arbeitsgruppe des Instituts für Protest- und Bewegungsforschung, an dem alle Beteiligten assoziiert sind.

 

Bei Fragen zur Online-Plattform wenden Sie sich gerne an:fgz.protest@uni-bremen.de.

Kontakt:
Prof. Dr. Sebastian Haunss
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58572
E-Mail: sebastian.haunss@uni-bremen.de

Arbeitsgruppe von Professor Rothgang im SOCIUM ist Projektpartner im Leuchtturmprojekt „Pflege 2030“

Mit der Auftaktveranstaltung wurde am 19. Dezember 2022 ein Modellprojekt für die Pflege der Zukunft gestartet, in dem das SOCIUM und das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen mit der Korian Stiftung für Pflege und würdevolles Altern sowie der Korian Deutschland GmbH zusammenarbeiten.

Das Modellprojekt verfügt über ein Budget von rund 7 Mio. Euro, die zur Hälfte vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zur Verfügung gestellt werden. Korian Deutschland übernimmt nicht nur die Kosten für den notwendigen Heimumbau im Umfang von 2,5 Mio. Euro, sondern auch die Kosten für einen Ausbau der Pflegepersonalausstattung von rund 1 Mio. Euro für drei Jahre. Damit wird es möglich, die Ergebnissen des Projekts zur Entwicklung des neuen Personalbemessungsverfahrens, das von 2017 bis 2020 an der Universität Bremen durchgeführt wurde, umzusetzen und zu erproben.

Klaus Holetschek, Bayerischer Staatsminister für Gesundheit und Pflege, startete das Projekt vor Ort feierlich: „Die Verbesserung der Pflege ist eines der zentralen Zukunftsthemen. Dazu gehören sowohl eine würdevolle Betreuung für pflegebedürftige Menschen als auch eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Pflegeberuf. Wir müssen jetzt die Weichen für eine umfassende und menschenfreundliche Pflege von morgen stellen. Für uns als Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege ist das Projekt ‚Pflege 2030‘ somit zukunftsweisend. Ich erhoffe mir nachhaltige Erkenntnisse für eine langfristige Verbesserung der stationären Pflege in Bayern und darüber hinaus.“

Elisabeth Scharfenberg, Vorständin der Korian Stiftung, ergänzte: „Wir als Korian Stiftung freuen uns sehr über den Start von ‚Pflege 2030‘ in der Korian-Einrichtung in Karlsfeld. In den nächsten drei Jahren kann, gestützt durch wissenschaftliche Begleitung, ein modernisiertes Pflegekonzept umgesetzt werden, das nachhaltig den Berufsalltag der Pflegenden entlastet, diese in ihren Routinen unterstützt und damit auch den Pflegebedürftigen zugutekommt.“

Während der dreijährigen Projektlaufzeit wird in der Pflegeeinrichtung in Karlsfeld eine quantitativ und qualitativ bedarfsorientierte und digitalisierte Pflege implementiert und im Echtbetrieb erprobt. Ausgehend von einem entsprechenden Personalmix mit deutlich mehr Pflegeassistenzkräften wird die Modernisierung der Einrichtung durch digitale Pflegetechnik (wie beispielsweise Sensoren, Künstliche Intelligenz, Service Roboter oder datengestützte Prozesssteuerung) und eine innovative Personaleinsatzplanung erprobt und evaluiert. „So können bedarfsgerechte und kompetenzorientierte digital unterstützte Abläufe im Pflegealltag entstehen, die gleichermaßen die Lebensqualität der Pflegeheimbewohner:innen und die Arbeitszufriedenheit der Pflegefachkräfte verbessern“, betont Professor Heinz Rothgang von der Universität Bremen.

„Die Entwicklung, Implementierung und Integration neuer Prozesse und ‚Smarter‘ Technologien zur Entlastung der Pflegekräfte stellen gleichermaßen hohe Herausforderungen an die Entwickler:innen und an die Nutzenden“, unterstreicht Privatdozent Dr. Thomas Wittenberg vom Fraunhofer IIS. Zur Identifikation und Evaluierung geeigneter Technologien (wie zum Beispiel intelligenter Betten, Datenbrillen, Spracherkennung oder robotischer Systeme zur Arbeitserleichterung in der Pflege) werden Forscher:innen des Fraunhofer IIS in Erlangen ihre Expertise in das Projekt mit einbringen. Sie werden zusammen mit den Pflegekräften neue Verfahren zur Erkennung, Analyse und Interpretation von „Stress-Points“ in Pflegeprozessen mittels tragbarer Sensoren – sogenannter „Wearables“ – erarbeiten und die Lösungsansätze in der Praxis umsetzen.

Angesichts des großen Reformbedarfs in der stationären Langzeitpflege soll die Einrichtung in Karlsfeld als Best-Practice-Modell für kompetenzorientierte Pflege in einer digitalisierten Einrichtung dienen und wertvolle, übertragbare Erkenntnisse für Bayern, aber auch ganz Deutschland liefern. Ziel ist es, das gesamte Projekt in Bezug auf die Pflegequalität umfassend zu evaluieren und modulare Handreichungen zu erstellen, die andere Einrichtungen als Blaupause für eine entsprechende Umsetzung verwenden können.


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

Autorenteam des SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen erstellt Pflegereport 2022 im Auftrag der BARMER

Am 29.11.2022 wurde in Berlin der diesjährige BARMER Pflegereport vorgestellt. Neben einer Bewertung der Pflegepolitik des letzten Jahres und einem allgemeinen Berichtsteil analysiert der diesjährige Pflegereport in seinem Schwerpunktkapitel die Auswirkungen von COVID-19 auf den Heimsektor. Dabei werden sowohl die Effekte auf die Heimbewohnerinnen und -bewohner als auch auf die Pflegeheime selbst und – vermittelt über die finanziellen Effekte – die Pflegeversicherung untersucht.

Ankündigungen des Koalitionsvertrags wurden bislang noch nicht umgesetzt

Vor gut einem Jahr wurde der Koalitionsvertrag abgeschlossen, der eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Situation in der Langzeitpflege vorsieht. Tatsächlich ist noch keine dieser Maßnahmen umgesetzt worden. Da es sich bei diesen im Koalitionsvertrag genannten Vorhaben um dringende Weiterentwicklungsbedarfe handelt, kann nur gehofft werden, dass deren Umsetzung im nächsten Jahr schnellsten begonnen wird. Ansonsten wird die Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode für die notwendige große Pflegereform nicht mehr ausreichen.

Hauptleidtragende der Pandemie sind die Pflegebedürftigen in Pflegeheimen

Pflegeheimbewohnende sind direkt und indirekt von der Pandemie betroffen.

Um eine Ausbreitung der Infektion zu begrenzen, haben Pflegeheime in der ersten Welle drastische Kontaktsperren für Besucher, Ehrenamtliche, aber teilweise auch Ärzte, Therapeuten, Fußpflege durchgesetzt, die nicht nur zu einer eingeschränkten medizinischen Versorgung geführt, sondern nicht zuletzt durch Einsamkeitserleben insbesondere negative Effekte auf die psychische Gesundheit der Heimbewohnenden gehabt haben.

Trotz der Kontaktsperren war der Anteil der an COVID-19 Erkrankten in der ersten und zweiten Welle bei Heimbewohnerinnen und -bewohnern nach Hochrechnungen mit den BARMER-Daten 7-8-mal so hoch wie in der Gesamtbevölkerung. Da es sich bei den Heimbewohnenden zudem um vulnerable Gruppen handelt, hat dies dazu geführt, dass mehr als die Hälfte der in der ersten und zweiten Welle mit COVID-19 Verstorbenen Heimbewohnende waren. Bezogen auf die Jahre 2020 und 2021 liegt der kumulierte Anteil der Heimbewohnenden an den mit COVID-19 Gestorbenen bei 45 %, der Anteil aller Pflegebedürftigen bei 75 %. Die Todesfälle mit COVID-19 haben zu einer entsprechenden Übersterblichkeit geführt. Im Vergleich zu den Jahre 2017 bis 2019 zeigt sich unter den Heimbewohnenden eine Übersterblichkeit von mehr als 150.000 Personen.

Auch am Ende des Betrachtungszeitraums ist die Betroffenheit der Heimbewohnenden immer noch sehr hoch. Vorbereitungen auf neue Varianten des Virus und auf weitere Wellen sind daher angezeigt. Um die negativen indirekten Effekte zu verhindern, sollte dabei aber soweit wie möglich auf Maßnahmen zur Kontaktreduktion verzichtet werden.

Auch Pflegekräfte im Pflegeheim sind in besonderem Maße betroffen

Die Kontaktsperren im Pflegeheim, die notwendigen Hygienemaßnahmen, einschließlich der Verpflichtung für das Personal, Masken zu tragen, sowie der pandemiebedingte Personalausfall haben die Arbeit der Pflegekräfte sehr erschwert. Emotionsarbeit, die sonst von Angehörigen geleistet wurde, musste unter erschwerten Bedingungen übernommen werden. Da Schutzausrüstungen zunächst nicht ausreichend zur Verfügung standen und das Personal im Pflegeheim aufgrund der körpernahen Arbeit nur eingeschränkt Abstand halten kann, war auch das Pflegepersonal im Pflegeheim besonders von der Pandemie betroffen.

Entsprechend lagen die Arbeitsunfähigkeitsquoten für Pflegekräfte im Pflegeheim in den beiden ersten Wellen etwa fünfmal so hoch wie bei den sonstigen Beschäftigten in sonstigen Wirtschaftszweigen. In der dritten und vierten Welle haben sich die AU-Quoten dann allerdings wieder angeglichen.

Um für weitere Covid-19-Wellen und weitere Pandemien gewappnet zu sein, ist es entscheidend die Zahl der Beschäftigten – im Sinne des neuen Personalbemessungsverfahrens – zügig zu erhöhen. Nur so kann sichergestellt werden, dass eine Abwärtsspirale aus Überforderung der Mitarbeitenden und erhöhten Arbeitsunfähigkeitszeiten entsteht.

Nach starken Einbrüchen in den ersten beiden Wellen normalisiert sich die Inanspruchnahme formeller Pflegeleistungen wieder

Pflegebedürftige und deren Angehörigen haben in den beiden ersten Wellen aus Angst vor einer Infektion zum Teil auf die Nutzung formellen Pflegeleistungen verzichtet. Zudem mussten Einrichtungen ihr Angebot insbesondere aufgrund von Personalmangel zum Teil zurückfahren. Starke Einbrüche von rund 50 % gab es in der ersten Welle bei der Inanspruchnahme von Kurzzeitpflege. In der vollstationären Dauerpflege zeigten sich Effekte vor allem in einem verringerten Wechsel von häuslicher in stationäre Pflege, der in der ersten Welle um rund 40 % zurückgegangen ist. Da Heimbewohnende in der Regel keine Möglichkeit zur Rückkehr in eigene Häuslichkeit haben, war der Effekt für den Bestand der Heimbewohnenden entsprechend geringer.

Die Möglichkeit der Impfung dürfte entscheidend dazu beigetragen haben, dass sich die Zahl der Neueinzüge in vollstationäre Pflegeeinrichtungen und die Nutzung teilstationärer Pflege im Sommer 2021 wieder das Niveau vor der Pandemie erreicht hat. Allerdings deutet die rückläufige Nutzung zum Dezember 2021 darauf hin, dass neue Wellen wieder zu verringerter Inanspruchnahme führen können.

Die Sozialversicherung wird erneut zur Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben missbraucht

Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, die pandemiebedingten Zusatzkosten der Pflegeversicherung aus Steuermitteln zu finanzieren. Tatsächlich stehen den bis zum Ende des 1. Quartals 2022 aufgelaufenen Zusatzkosten von 9,2 Milliarden Euro für den Rettungsschirm für Pflegeeinrichtungen, die von der Testverordnung vorgegebenen PoC-Antigen-Tests und die Corona-Pflegeprämie bis zum Jahresende 2022 lediglich steuerfinanzierte Bundeszuschüsse in Höhe von 4,0 Milliarden Euro gegenüber. Ein Betrag von 5,2 Milliarden Euro verbleibt damit bei der Pflegeversicherung. Dabei sind die coronabedingten Mehrausgaben des 2. bis 4. Quartals 2022 noch gar nicht berücksichtigt. Die Ankündigung des Koalitionsvertrags wird somit bislang nicht eingehalten. Vielmehr werden erneut gesamtgesellschaftliche Aufgaben beitragsfinanziert.

Aufgrund weiterer Finanzrisiken ist eine Finanzreform bereits Anfang des Jahres unvermeidlich. Es ist zu wünschen, dass im Rahmen dieser Reform auf die Verpflichtung zur Rückzahlung der genannten Kredite verzichtet wird und die coronabedingten Kosten vollständig steuerfinanziert werden – wie im Koalitionsvertrag angekündigt.

Download:

BARMER Pflegereport 2022

Statement von Prof. Rothgang anlässlich der Pressekonferenz

Folienvortrag von Prof. Rothgang anlässlich der Pressekonferenz


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

Dr. rer. pol. Rolf Müller
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58554
E-Mail: rmint@uni-bremen.de

Heinz Rothgang koordiniert 16 Mio. Euro umfassende Transferinitiative für Bremen

Im Krankenhausbereich gehören sie seit langem zum Standard: akademische Lehrkrankenhäuser, die gemeinsam mit Universitätskliniken wesentlich dazu beitragen, Innovationen und Forschungsergebnisse möglichst schnell in die alltätliche Versorgungspraxis zu bringen. Für die Langzeitpflege gibt es so etwas jedoch nicht – noch nicht. Denn das soll sich mit T!CALL, dem Transfercluster Akademischer Lehrpflegeeinrichtungen in der Langzeitpflege, ändern. T!CALL wird in Bremen Strukturen aufbauen, in denen technische, insbesondere digitale, ebenso wie organisatorische Innovationen und Maßnahmen der Personalentwicklung im Normalbetrieb evaluiert und – bei positiver Evaluation – in den Versorgungsalltag implementiert werden. Dabei sind Aus-, Fort- und Weiterbildung ein entscheidender Transfermechanismus. Das Projekt sorgt also für eine systematische Verschränkung von Forschung, Lehre und Versorgung in einem eigens dafür gestalteten Transferraum. Aus dieser Keimzelle werden positiv erprobte Maßnahmen zur Steigerung der Lebensqualität der Menschen mit Pflegebedarf und zur Aufwertung des ganzen Berufsfeldes Altenpflege in die Fläche gebracht.

T!CALL gehört zu bundesweit zwölf Projekten, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung in seinem Programm „T!Raum – TransferRäume für die Zukunft von Regionen“ finanziert. Es hat sich in einem kompetitiven Wettbewerb mit insgesamt 115 Antragstellern erfolgreich durchgesetzt.

Das auf neun Jahre angelegte und mit insgesamt 16 Mio. Euro geförderte Vorhaben wird koordiniert von Prof. Dr. Heinz Rothgang, Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung des SOCIUM, und in Zusammenarbeit mit dem Institut für Public Health und Pflegeforschung der Universität Bremen sowie dem Zentrum für Pflegeforschung und Beratung der Hochschule Bremen auf wissenschaftlicher Seite durchgeführt. Die akademische Lehrpflegeeinrichtungen werden aus dem Johanniterhaus Bremen und Einrichtungen des Caritasverband Bremen entstehen, die als initiale Praxispartner das Rückgrat der Initiative bilden. Als weitere initiale Partner sind die das Bremer Zentrum für Pflegebildung und der Integrierte Gesundheitscampus Bremen beteiligt. Die Einbindung weiterer Partner ist vorgesehen. Breite Unterstützung findet das Vorhaben auch seitens der Bremer Politik, allen voran der Senatorin für Soziales, Jungend, Integration und Sport, die zugesagt hat, über das bisherigen Ordnungsrecht hinausgehende Innovationen unter Rückgriff auf die Öffnungsklausel des Bremischen Wohn- und Betreuungsgesetzes weitgehend zu unterstützen und der Senatorin für Wissenschaft und Häfen.


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

Eine soziologische Perspektive auf „alternative Fakten“

Begriffe wie „postfaktisch“ und „alternative Fakten“ haben Konjunktur. Sie verweisen darauf, dass ein gesellschaftlicher Kampf um die Wirklichkeit der Wirklichkeit entbrannt zu sein scheint. Die Debatte über alternative Fakten wird deshalb vor allem von psychologischen und erkenntnistheoretischen Fragestellungen dominiert. Um zu verstehen, warum „alternative Fakten“ in der gesellschaftlichen Debatte so verunsichernd wirken, reichen diese Perspektiven jedoch nicht aus. In seinem neuen Buch untersucht Nils Kumkar das Phänomen „alternative Fakten“ darum aus einer soziologischen, kommunikationstheoretischen Perspektive: Worüber streitet und verständigt man sich eigentlich, wenn alternative Fakten die Diskussionen prägen? Was ist, mit anderen Worten, ihre kommunikative Funktion?

Ausgehend von Fallstudien zu den Auseinandersetzungen um Corona, den Klimawandel und die Größe des Publikums bei der Amtseinführung Donald Trumps arbeitet das Buch heraus, dass „alternative Fakten“ nicht primär als Versatzstücke von Parallelwelten zu verstehen sind, in die sich relevante Teile der Bevölkerung zurückgezogen hätten. Vielmehr funktionieren sie als diskursive Nebelkerzen im Kontext polarisierter Debatten. Ihre zentrale Funktion ist nicht, die Menschen Falsches glauben zu lassen, sondern den Schritt von der kommunikativen Tatsachenfeststellung zur politischen Entscheidung hinauszuzögern. Sie wirken nicht als Beitrag zur Konstruktion einer alternativen Realität, sondern als kommunikative Realitätsdestruktion, die es erlaubt, wider besseres Wissen weiterzumachen wie bisher.


Kontakt:
Dr. Nils C. Kumkar
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 9
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58620
E-Mail: kumkar@uni-bremen.de

Mit diesem Tätigkeitsbericht legt das SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik Rechenschaft über seine Arbeit im Zeitraum 2019 bis 2021 ab.

Download: Tätigkeitsbericht des SOCIUM 2019 bis 2021

Festschrift zum 65. Geburtstag von Frank Nullmeier erschienen

Die Festschrift ehrt mit Frank Nullmeier ein langjähriges Mitglied des SOCIUM und einen der bedeutendsten deutschen Politikwissenschaftler der Gegenwart. Der Band erlaubt Einblicke in sein breites wissenschaftliches Werk, gibt aber auch einen guten Überblick über einige der wichtigsten Themen, die heute in der Politikwissenschaft diskutiert werden: von zentralen Debatten in der Politischen Theorie, etwa zur Legitimitäts- oder zur Demokratietheorie, über Schlüsselfragen moderner Sozialstaatlichkeit bis hin zur Erforschung einzelner Politikfelder und zur Verwaltungsforschung. Darüber hinaus zeichnen die Beiträge spannende Schnittstellen zu Nachbardisziplinen nach, etwa zu Philosophie oder Soziologie.

Link zur Verlagsseite

Link zum eBook in Open Access


Kontakt:
PD Dr. Tanja Pritzlaff-Scheele
Zentrum für Entscheidungsforschung
Enrique-Schmidt-Str. 7
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-67824
E-Mail: tanja.pritzlaff@uni-bremen.de

13. Mai 1945 - 27. Mai 2022

Wir trauern um Prof. Dr. Gerd Glaeske, Gesundheitswissenschaftler und Pionier der Versorgungsforschung, der im Alter von 77 Jahren am 27. Mai nach langer Krankheit verstorben ist.

Gerd Glaeske verstand seine Arbeit konsequent im Dienst der Wissenschaft und im Auftrag der Patientinnen und Patienten. Vorrangig bedeutete das für ihn, die medizinische Versorgung mit Arzneimitteln unter dem Gesichtspunkt der Evidenz zu analysieren – sowie Nutzen und Risiken abzuschätzen und zu bewerten. Über seine gesamte berufliche Laufbahn folgte er dabei drei zentralen Fragestellungen: Wo und in welchen Krankheitsbereichen kommt es zur Über-, Unter- oder Fehlversorgung mit Arzneimitteln, welche Alternativen bieten Pharmaindustrie und Gesundheitswesen und wie können Politik und Gesetzgeber den Prozess der Arzneimittelversorgung im Interesse der Patientinnen und Patienten verbessern?

Gerd Glaeskes außerordentliche Expertise und sein Wunsch, mehr Licht in das Dunkel der deutschen Arzneimittelversorgung zu bringen, äußerten sich in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen. Allein in der internationalen Fachdatenbank für medizinische Literatur pubmed.gov finden sich mehr als 140 Veröffentlichungen mit seiner (Co-)Autorenschaft. Darüber hinaus hat er als (Mit-)Herausgeber des „Lehrbuchs für Versorgungsforschung“ maßgeblich daran mitgewirkt, das Fach Versorgungsforschung in Deutschland zu etablieren und die Studierenden an dieses Fach didaktisch fundiert heranzuführen.

Als Fachapotheker für Arzneimittelinformation im besten Sinne lag ihm der Transfer der wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse zur Arzneimitteltherapie in die breite Öffentlichkeit besonders am Herzen. Spektakulär arbeitete er bereits in jungen Jahren als fachlicher Berater für das erste große Medikamenten-Nachschlagewerk im deutschen Sprachraum, „Bittere Pillen“ (1983). Dieses Buch wurde über Jahrzehnte als „die“ Bibel zur Verhinderung von Arzneimittelmissbrauch bezeichnet. Es folgten eine Vielzahl von Publikationen für die Stiftung Warentest und Bücher, die sich direkt an die Patientinnen und Patienten richteten, begleitet von zahlreichen Interviews, Hörfunk- und Fernsehbeiträgen.

Gerd Glaeske studierte Pharmazie in Aachen und Hamburg, wo er in pharmazeutischer Chemie mit den weiteren Prüfungsfächern Wissenschaftstheorie und Pharmakologie promovierte. Seine wissenschaftliche Laufbahn begann er 1981 als Mitarbeiter am Bremer Institut für Sozialmedizin und Präventionsforschung (BIPS) sowie als Abteilungsleiter der Arzneimittelepidemiologie unter der Institutsleitung von Prof. Dr. Eberhard Greiser.

Vor dem Hintergrund seines gesundheitspolitischen Engagements entschied sich Gerd Glaeske ab 1988 den engen wissenschaftlichen Kontakt mit den Gesetzlichen Krankenkassen zu suchen. Das führte ihn von 1988 bis 1992 zur AOK Mettmann. Als Leiter des Pharmakologischen Beratungsdienstes gewann er differenzierte Einblicke in die Daten der Krankenkasse und konnte mit der entsprechenden Analyse bisher unbekannte Versorgungsstrukturen, regionale und fachärztliche Unterschiede und Fehlentwicklungen erkennen. Es war unter anderem der Beginn der Versorgungsforschung, die heute in einem breiten Netzwerk universitär etabliert und anerkannt ist. Von Mettmann wechselte er nach Wuppertal zur Barmer Ersatzkasse und arbeitete weiter kontinuierlich an der Verbesserung der Versorgung bis 1999 bei verschiedenen Krankenkassen wie auch beim Verband der Ersatzkassen (vdek).

Im Jahr 1999 übernahm er an der Universität Bremen eine Stiftungsprofessur für Arzneimittelanwendungsforschung am Zentrum für Sozialpolitik (ZeS), um sich weiter der Wissenschaft zu widmen. Zudem leitete er die Forschungseinheit „Arzneimittelberatung und Arzneimittelinformation“.  Ab 2007 hatte er die Position des Co-Leiters der Abteilung Gesundheitsökonomie, Gesundheitspolitik und Versorgungsforschung am ZeS sowie später der Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung des SOCIUM der Universität Bremen inne. Als Mitbegründer und langjähriges Vorstandsmitglied des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung hat er zentral daran mitgewirkt, ein Fach an deutschen Universitäten zu etablieren, das es sich zur Aufgabe macht, die Gesundheitsversorgung kritisch zu analysieren und auf dieser Basis praktische, evidenzbasierte Lösungsvorschläge zur Verbesserung der Kranken- und Gesundheitsversorgung zu erarbeiten.

Gerd Glaeske analysierte Arzneimittel vom Molekül bis zur Anwendung präzise. Kritische Entwicklungen sprach er offen an und wandte sich bewusst gegen geschönte Studiendaten der Industrie. Die daraus entstehenden juristischen Auseinandersetzungen nahm er in Kauf. Hierbei verstand er sich immer und vor allem als Anwalt der Patientinnen und Patienten und im Einsatz für ein sozial gerechteres Gesundheitswesen.

Seine Expertise war gefragt

Von 2003 bis 2009 war Gerd Glaeske Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, 2003 bis 2018 Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Bundeszentrale für Wissenschaftliche Aufklärung (BZgA), von 2008 bis 2013 Mitglied in der Betäubungsmittelkommission des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), von 2007 bis 2009 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats zur Weiterentwicklung des Risikostrukturausgleichs beim BVA. Ab 2006 Mitglied im Vorstand des Deutschen Netzwerkes Versorgungsforschung (DNVF), bis 2014 im geschäftsführenden Vorstand, 2015 zum Ehrenmitglied auf Lebenszeit ernannt, ab 2008 Mitherausgeber der Zeitschrift Prävention und Gesundheitsforschung, ab 2010 stellvertretender Sprecher des Wissenschaftlichen Kuratoriums der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen.


Kontakt:
Prof. Dr. Philip Manow
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58580
E-Mail: manow@uni-bremen.de

Neues Forum für Austausch, Diskussion und Information

Angefangen bei Alterssicherung und Arbeitsmarkt über Einkommensverteilung, Frauen, Familie und Kindern, bis zu Gesundheit, Pflege und vielem mehr – Sozialpolitik umfasst eine Vielfalt von unterschiedlichen Themenbereichen. Genauso verschieden wie die Themen sind auch die im Sozialstaat tätigen Akteure aus Politik und Zivilgesellschaft sowie die Wissenschaftler, die zu den vielfältigen Aspekten dieses zentralen Politikfeldes forschen und lehren.

Der sozialpolitikblog wird mit regelmäßigen Beiträgen, Gesprächen und Rezensionen auf aktuelle Fragestellungen rund um Sozialpolitik eingehen und die Expertisen aus Politik, Zivilgesellschaft und Wissenschaft einem interessierten Fachpublikum zugänglich machen. Dabei sollen Hintergründe erläutert, neue Entwicklungen aufgezeigt, Fragen aufgeworfen und Zusammenhänge hergestellt werden.

Mitglieder der Redaktion sind Prof. Dr. Frank Nullmeier und Dr. Pia Jaeger.