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Mitteilungen des SOCIUM seit 2015, aber auch ältere Mitteilungen aus dem ZeS und EMPAS aus den Jahren 2014 bis 2008.

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Gesundheits- und Pflegeökonom für weitere Amtsperiode berufen

Prof. Heinz Rothgang, Leiter der Abteilung Gesundheit, Pflege und Alterssicherung, ist für eine weitere Amtsperiode in den Wissenschaftlichen Beirat des „Wissenschaftlichen Instituts der AOK“ (WIdO) berufen worden.

Das WIdO führt Forschungsarbeiten für die AOK durch, die die Qualität des Gesundheitssystems verbessern und es zugleich effizienter machen sollen. Der Wissenschaftliche Beirat berät und unterstützt bei diesen Aufgaben, indem seine Mitglieder ihre wissenschaftliche Expertise und Erfahrungen einbringen.

Heinz Rothgang ist seit 2009 Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat des WIdO. Wissenschaftliche Beratungen wie diese zählen zu einer der wichtigen Transferaktivitäten der Abteilung.


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

Cluster "Zukunft der Pflege" geht in die nächste Runde

Die Pflege durch den Einsatz digitaler Lösungen verbessern und gleichzeitig die Belastung des Pflegepersonals reduzieren – das ist das Ziel des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsclusters Zukunft der Pflege“. Dieses geht nun in die zweite Förderphase über, in der der Transfer neuer Technologien in die Praxis im Mittelpunkt steht. Ein wichtiger Baustein ist dabei das Pflegeinnovationszentrum (PIZ) in Oldenburg und Bremen.

Die Pflege in Deutschland steht vor enormen Herausforderungen: Eine stark steigende Zahl Pflegebedürftiger trifft auf einen eklatanten Mangel an Fachkräften. Gleichzeitig werden pflegerische Interventionen immer komplexer. Um diesen Problemen zu begegnen, unterstützt das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) die Entwicklung und Erforschung neuer Pflegetechnologien.

Im Rahmen des Clusters „Zukunft der Pflege“ werden seit 2017 soziale und technische Innovationen in der Pflege zusammengebracht: Forschung, Wirtschaft und Pflegepraxis arbeiten gemeinsam mit Anwender:innen an neuen Produkten, die den Pflegealltag in Deutschland erleichtern und verbessern sollen. Als erster Baustein des Pflegeclusters nahm im Juni 2017 das bisher in Deutschland einmalige Pflegeinnovationszentrum (PIZ) seine Arbeit auf. Hier erforschen Ingenieur:innen des OFFIS in Oldenburg gemeinsam mit Pflegewissenschaftler:innen (Prof. Dr. Karin Wolf-Ostermann, Institut für Public Health und Pflegeforschung) und Pflegeökonom:innen (Prof. Dr. Heinz Rothgang, SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik) der Universität Bremen neue Technologien. Dabei spielen auch ethische, soziale und rechtliche Aspekte eine zentrale Rolle, die von der Universität Oldenburg in den Blick genommen werden.

Nach der erfolgreichen ersten Phase geht das Forschungsprojekt nun in die zweite Runde über, in der das Cluster zu einem „Innovations- und Transferhub“ ausgebaut werden soll. Während bisher die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien im Mittelpunkt stand, soll nun der Transfer in die breite Praxis forciert werden. Dazu gehören beispielsweise robotische Systeme zur physischen Entlastung des Pflegepersonals bei körperlich belastenden Tätigkeiten oder auch Technologien zur Unterstützung der telepflegerischen Versorgung, zum Beispiel durch sensorische Erfassung des Gesundheitszustands.

Die Universität Bremen bringt dabei umfassende Expertise der Pflegeforschung, der Pflegeökonomie und der Versorgungsforschung mit einem besonderen Fokus auf digitale Pflege-Technologien ein. „Technologische Innovationen können den Alltag in der Pflege entlasten, aber sie müssen sinnvoll in die Versorgungspraxis und in die Arbeit der Pflegekräfte integrierbar sein,“ sagt Prof. Dr. Karin Wolf-Ostermann. Die Bremer Wissenschaftler:innen analysieren unter anderem die Bedarfe an technologischer Unterstützung in unterschiedlichen ambulanten und stationären Pflegesituationen, sie untersuchen wie technologische Innovationen wie Smartwatches und andere „Wearables“ in den Pflegealltag integriert werden können und beschäftigen sich mit Fragen rund um die Evaluation des Technologieeinsatzes. „Mit unseren Erfahrungen, Forschungsschwerpunkten und Netzwerken können wir darüber hinaus eine vermittelnde Rolle zwischen den Bedarfen und Anforderungen in der Pflegepraxis, den Interessen von Entwickler:innen und der Wissenschaft einnehmen“, sagt Prof. Dr. Heinz Rothgang.

Insgesamt wird das Cluster „Zukunft der Pflege“ in den kommenden fünf Jahren mit rund 20 Millionen Euro gefördert. Teil des Vorhabens sind neben dem PIZ vier sogenannte „Pflegepraxiszentren“ (PPZ) in Berlin, Freiburg, Hannover und Nürnberg, denen eine wichtige Rolle in der Implementation und Evaluation der Technologien und Produkte zukommt.    


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

Großer Erfolg für Nachwuchswissenschaftlerin aus der Abteilung „Gesundheit, Pflege, Alterssicherung“

Laura Maaß, Doktorandin in der Abteilung „Gesundheit, Pflege, Alterssicherung“ kann schon früh einen großen Erfolg in ihrer wissenschaftlichen Karriere verzeichnen: Das Paper „International perspectives on measuring national digital public health system maturity through a multidisciplinary Delphi study,“ das sie gemeinsam mit ihren Co-Autoren Hajo Zeeb und Heinz Rothgang verfasst hat, wird im rennomierten Nature-Journal npj Digital Medicine veröffentlicht.

Zur Pressemitteilung des LeibnizScience Campus.

Über ihre Forschung sowie die Chancen und Herausforderungen als Nachwuchswissenschaftlerin spricht Laura Maaß auch in der aktuellen Folge des Digital Public Health Podcast.


Kontakt:
Dr Public Health Laura Maaß
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58610
E-Mail: laura.maass@uni-bremen.de

01.03.2024

Sonja Rose

1968 - 2024

Das SOCIUM trauert um seine langjährige Verwaltungsmitarbeiterin Sonja Rose, die am 18. Februar verstorben ist. Wir trauern um eine Kollegin, die trotz langer Krankheit mit viel persönlichem Engagement, einem offen Ohr für die Fragen und Probleme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie einem herzlichen Lachen fast 30 Jahren lang mit dazu beigetragen hat, dass das Zentrum für Sozialpolitik und dann das SOCIUM zu einer Erfolgsgeschichte geworden sind.

Sonja Rose war fast ihr ganzes Arbeitsleben mit der Universität Bremen verbunden. Während einer Lehre bei der Senatskommission für das Personalwesen (der heutigen Performa Nord) hatte sie 1989 auch eine Station im damaligen Zentrum für Sozialpolitik absolviert, wo sie im gleichen Jahr dann eine Stelle als Schreibkraft in der Verwaltung antrat. Diese Arbeit hat sie mit Freude und Engagement fast 30 Jahre lang ausgeübt, nach 2015 auch im neuen SOCIUM  – bis ihr die geduldig ertragene Krankheit Ende 2018 keine Kraft mehr dazu gelassen hat. Sonja Rose hat nicht nur bei der Verwaltung vor allem der Sachmittel mitgewirkt, sondern war auch kompetente Ansprechpartnerin in den vielen kleinen, aber nicht weniger wichtigen Details einer Verwaltung eines ständig wachsenden Forschungsinstituts.

Das SOCIUM trauert um eine liebe Kollegin, die zugewandt und kompetent ihre Arbeit gemacht hat–  und  die wir in den letzten Jahren vermisst haben. Das Wiedersehen bei der Verabschiedung der langjährigen Verwaltungsleiterin hat uns sehr gefreut und Hoffnung gemacht. Umso trauriger sind wir über die Nachricht ihres Todes.

Sprecherteam, Vorstand sowie alle aktiven und ehemaligen Mitglieder des SOCIUM sowie des früheren Zentrums für Sozialpolitik (ZeS)

 

Gemeinsame Erklärung aller in der U Bremen Research Alliance und der Landesrektor:innenkonferenz zusammengeschlossenen Bremer Wissenschaftseinrichtungen

Aufgrund aktueller gesellschaftspolitischer Entwicklungen in Deutschland möchten wir als Bremische Wissenschaftseinrichtungen mit unseren Werten und Überzeugungen an die Öffentlichkeit treten. Wir sind erschüttert über die bekannt gewordenen Vertreibungspläne und Überlegungen zur Zersetzung demokratischer Strukturen und stellen uns diesen entschieden und geschlossen entgegen – ganz gleich, wie klein oder groß die Gruppe derer ist, die eine solche Haltung vertreten.

Der Wissenschaftsstandort Bremen verdankt seine Stärke und Strahlkraft unterschiedlichen Instituten und Hochschulen, in denen eine vielfältig und international zusammengesetzte Gemeinschaft von Forschenden und Lehrenden aus aller Welt zusammenarbeitet. Genau diese Vielfalt unserer Wissenschaftler:innen sowie unserer Studierendenschaft ist eine große Bereicherung für das kreative Potential unserer Einrichtungen und für unsere tägliche Arbeit.

In den Bremischen Wissenschaftseinrichtungen forschen wir gemeinsam an Themen und Fragestellungen, um die drängenden Probleme unserer Zeit zu adressieren – in den Natur- und Technikwissenschaften ebenso wie in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften sowie in den künstlerisch-wissenschaftlichen Forschungsbereichen. Dies gelingt nur mit einer weltoffenen Haltung und einer internationalen Willkommenskultur. Diese ist und bleibt für uns als Bremische Wissenschaftsgemeinschaft selbstverständlich. Vor diesem Hintergrund distanzieren wir uns ausdrücklich von jeder Art von Diskriminierung, Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit.

Wir stehen in den Einrichtungen der Bremischen Wissenschaft für Demokratie, Wissenschaftsfreiheit, Pluralismus und einen respektvollen Umgang miteinander. Unsere Mitarbeitenden und unsere Studierenden haben eine Vielfalt von Migrationsgeschichten. Ihr Engagement versetzt uns in die Lage, unsere Aufgaben in Forschung, Lehre, Verwaltung und Betrieb wahrzunehmen. Die Studierenden sind zudem unsere Zukunft in allen Bereichen der Gesellschaft. Unsere Mitarbeitenden und Studierenden sind für uns unverzichtbar, und wir möchten für sie attraktive und sichere Arbeitgeber sowie lebendiger Studienort in einer weltoffenen Region sein. Dafür setzen wir uns gemeinsam ein – mit dieser Erklärung sowie im täglichen Umgang und Dialog miteinander.

Die U Bremen Research Alliance:

In der U Bremen Research Alliance kooperieren die Universität Bremen und zwölf Institute der bund-länder-finanzierten außeruniversitären Forschung mit Sitz im Bundesland Bremen. Die Allianz zeichnet sich insbesondere durch die multilaterale strategische Ausrichtung und Stärkung der Zusammenarbeit in Forschung und Administration aus und steht für große, institutionenübergreifend bearbeitete Forschungsthemen. Ziel ist, beste Bedingungen zu schaffen, um frei, innovativ, kreativ, nachhaltig und kooperativ zu forschen.

Die Mitglieder der U Bremen Research Alliance sind:

Universität Bremen; Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI); Deutsches Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI Standort Bremen); Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt – Institut für Raumfahrtsysteme; Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt – Institut für den Schutz maritimer Infrastrukturen; Deutsches Schifffahrtsmuseum Leibniz-Institut für Maritime Geschichte (DSM); Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte Materialforschung IFAM; Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES; Fraunhofer-Institut für Digitale Medizin MEVIS; Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS; Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT); Leibniz-Institut für Werkstofforientierte Technologien – IWT; Max-Planck-Institut für Marine Mikrobiologie.

Landesrektor:innenkonferenz Bremen (LRK):

Die Hochschulen des Landes Bremen bilden, vertreten durch die jeweiligen Rektor:innen, die Landesrektor:innenkonferenz Bremen. Die Aufgabe der LRK besteht darin, die Interessen der Mitgliedshochschulen im Bildungs- und Wissenschaftsbereich, in der Hochschulpolitik sowie in der Öffentlichkeit zu vertreten und gemeinsame Anliegen zur Geltung zu bringen.

Mitglieder der Landesrektor:innenkonferenz sind:

Universität Bremen, Hochschule Bremen, Hochschule Bremerhaven, Hochschule für Öffentliche Verwaltung Bremen, Hochschule für Künste Bremen.

Kontakt

Prof. Dr. Jutta Günther
Vorsitzende der U Bremen Research Alliance
Vorsitzende der Landesrektor:innenkonferenz Bremen
Rektorin der Universität Bremen

Universität Bremen
Mail: rektorin@vw.uni-bremen.de
Tel: +49 (0) 421 218 60011

 

Merle El-Khatib
Kommunikation und Marketing

U Bremen Research Alliance
Mail: merle.el-khatib@vw.uni-bremen.de
Tel: +49 421 218 60046

Christina Kisner stellt im Gesundheitspolitischen Kolloquium das Vorhaben LIGA Gröpelingen vor

LIGA – das steht für „Lokales Integriertes Gesundheitszentrum für Alle“ und als solches verfolgt es vor allem ein Ziel: die Menschen in Gröpelingen bei Gesundheitsfragen zu orientieren und zu unterstützen. Das Konzept und den Aufbau des LIGA stellte die Projektkoordinatorin Christina Kisner im Gesundheitspolitischen Kolloquium des SOCIUMs am 10.01.2024 vor.

Gröpelingen ist ein vergleichsweise junger Stadtteil, er ist international geprägt und überdurchschnittlich arm. Die soziale Struktur wirkt sich auch auf die Gesundheitsversorgung aus, etwa in einem erschwerten Zugang der Bevölkerung zum Gesundheitssystem, beispielsweise durch sprachliche Barrieren. Hinzu kommt, dass die Zahl der niedergelassenen Ärzt:innen abnimmt –  es droht eine lokale Unterversorgung.

Dem soll das Gesundheitszentrum LIGA entgegentreten, indem es medizinisch-therapeutische Versorgung, Beratungsangebote und Stadtteilarbeit vereint. „Es war von Anfang an eine Idee von LIGA, Leistungen abzudecken, die nicht rein medizinisch sind, aber viel Zeit für Beratung benötigen,“ sagt Kisner. Dazu gehört beispielsweise Fachärzt:innen zu finden, Termine zu vereinbaren und Möglichkeiten individueller Gesundheitsförderung aufzuzeigen.

Seit dem Jahr 2020 wird das Zentrum geplant, im September 2022 eröffnete bereits die Beratungsstelle, die eine wichtige Säule des Gesundheitszentrums darstellt. Hier erhalten Gröpelinger:innen umfassende Beratungsangebote in verschiedenen Sprachen: von einer offenen Gesundheitsberatung, die beispielsweise hilft Erkrankungen besser zu verstehen und zu Arztterminen begleitet, über Beratungen zu dem Coronavirus oder Bewegungsangeboten, bis zu Hilfestellungen bei Anträgen.

Neben der Planung eines Neubaus für das Gesundheitszentrum arbeiten Kisner und ihre Kolleg:innen sowie Ehrenamtliche aktuell daran, die Ärzt:innenschaft in den weiteren Gestaltungsprozess einzubinden. Im Gespräch mit Ärzt:innen soll herausgearbeitet werden, welche Lücke das LIGA Vorhaben füllen soll und welche Angebote dazu noch fehlen.

Doch nicht nur die Beteiligung der medizinischen Expert:innen ist für das LIGA zwingend notwendig, sondern auch die Einbeziehung der Menschen aus dem Stadtteil. Hier, so hebt Kisner hervor, unterscheide sich das LIGA auch von anderen, ähnlichen Projekten: „Wir nutzen ein Netzwerk, das der Gesundheitstreffpunkt West in den letzten 38 Jahren aufgebaut hat.“ Das LIGA habe damit seinen Ausgangspunkt nicht auf der Seite der medizinischen Versorgung, sondern in der Stadtteilarbeit. LIGA ist viel im Stadtteil unterwegs, auf Festen, mit einer mobilen Gesundheitsberatung und organisiert Aktionen wie das Zahnfest „Gröpelinger Zahnheld*innen“ für Kinder. Damit arbeitet das Zentrum dort, wo die Leute leben, die es erreichen möchte: „Aufsuchende Arbeit ist der Goldstandart für einen Stadtteil wie Gröpelingen,“ hebt Kisner hervor.

Die Idee einer Struktur, die stadtteilbasiert die medizinische Versorgung unterstützt und verbessert ist seit einigen Jahren im Gespräch, besonders prominent unter dem Begriff „Gesundheitskioske,“ von denen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach deutschlandweit 1.000 Stück aufbauen möchte. In Bremen ist die Problematik der unzureichenden medizinischen Versorgung in sozial schwächeren Stadtteilen schon seit 2015 in der Diskussion, das LIGA in Gröpelingen ging daraus hervor. Im Gesundheitspoltischen Kolloquium wurde das Thema der stadtteilbasierten Gesundheitsversorgung bereits in zwei Veranstaltungen mit Dr. med. Johannes Grundmann und mit Alexander Fischer im vergangen Jahr aufgegriffen. Im kommenden Semester wird die Diskussion am 17.04.24 in einer Veranstaltung mit Heike Schiffling vom HebammenZentrum West fortgesetzt.

Die Veranstaltungen des Gesundheitspolitischen Kolloquiums werden von Prof. Dr. Heinz Rothgang und Prof.in Dr. Eva Quante-Brandt moderiert und finden im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5, 28195 Bremen statt. Eine vorherige Anmeldung ist nicht notwendig und der Eintritt ist kostenlos.

Im Wintersemester 2023/24 diskutieren wir mit ausgewählten Referent:innen über aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze für die Gesundheitsversorgung in Deutschland.

Weitere Themen und Termine in diesem Semester:

 

Mittwoch, 24.01.2024, 18-20h

Aktuelles von der Krankenhausreform

Prof. Dr. Boris Augurzky

Leiter „Gesundheit“ am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Vorstandsvorsitzender der Rhön Stiftung

Mittwoch, 31.01.2024, 18-20h

(Digitale) Medien, soviel wie sie „gut“ tun? Ein Diskussionsmodell zwischen Lust, Last und Lost

Markus Gerstmann

Medienpädagoge im ServiceBureau Jugendinformation / LidiceHaus Bremen

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an gpk.socium@uni-bremen.de.

Aktuelle Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie auch auf unserer Website.

 

Text: Maren Emde

BARMER-Pflegereport 2023 am 05.12.2023 in Berlin vorgestellt

Der jährlich veröffentlichte BARMER-Pflegebericht bewertet die aktuelle Pflegepolitik und erfasst die Situation der Pflege. Für den Bericht werteten Prof. Heinz Rothgang und Dr. Rolf Müller (beide SOCIUM) Daten aus der Pflege- und Kassenstatistik sowie der BARMER umfassend aus. Darüber hinaus setzen die Autoren einen thematischen Schwerpunkt, welcher in diesem Jahr auf der Situation Pflegebedürftiger im Krankenhaus liegt.

Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag werden nicht umgesetzt

Die zentralen Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag zur Weiterentwicklung der Pflegeversicherung und zur Finanzierung der Pflege wurden bisher nicht umgesetzt. Dies betrifft unter anderem die Steuerfinanzierung versicherungsfremder Leistungen wie die Rentenbeiträge für pflegende Angehörige, die Herausnahme der Ausbildungskosten aus den Eigenanteilen in der Heimpflege und die Umfinanzierung der medizinischen Behandlungspflege in Heimen. Angesichts der derzeitigen Finanzsituation und deren Bewertung durch die Bundesregierung ist es unwahrscheinlich, dass diese Vorhaben in der aktuellen Legislaturperiode noch verwirklicht werden.

Eine Tariftreueregelung soll den Pflegeberuf attraktiver machen. Nach dieser müssen Pflegeeinrichtungen ohne Tarifvertrag einen solchen einführen, oder ein regional übliches Entlohnungsniveau für Pflegekräfte sicherstellen. Der überwiegende Teil der bislang nicht gebundenen Einrichtungen hat sich für die zweite Option entschieden. Es wurden daher nicht deutlich mehr Tarifverträge eingeführt, die Entgelte stiegen in vielen Einrichtungen aber um bis zu 30 Prozent, was sich wiederum in den Preisen für Pflegeleistungen niederschlägt. Das zentrale Gesetzesvorhaben dieser Legislaturperiode im Bereich der Langzeitpflege ist das Pflegeunterstützungs- und Entlastungsgesetz. Die darin vorgenommenen Anpassungen sind allerdings unzureichend: in der häuslichen Pflege erfährt das Pflegegeld inflationsbedingt weiterhin einen Realwertverlust, während Eigenanteile in der stationären Pflege steigen. Das Ziel, diese Eigenanteile zu begrenzen wird damit verfehlt.  

Pflegebedürftige machen rund ein Viertel der Patient:innen in Krankenhäusern aus

Mit zunehmendem Alter werden nicht nur eine Pflegebedürftigkeit, sondern auch ein Krankenhausaufenthalt wahrscheinlicher und oft wird erst durch eine Krankenhausaufnahme eine Pflegebedürftigkeit festgestellt. Die Zahl der Personen, die Monat einer Krankenhausaufnahme pflegebedürftig geworden sind, lag in den Jahren 2017 bis 2022 jährlich relativ konstant zwischen 260.000 und 276.000. Die Zahl der Krankenhausfälle von bereits Pflegebedürftigen ist in diesem Zeitraum hingegen deutlich gestiegen – von 2,71 Millionen auf 3,45 Millionen. Insgesamt machen Pflegebedürftige rund ein Viertel der Patient:innen in Krankenhäusern aus.

Jährlich über eine Million potenziell vermeidbare Krankenhausfälle durch Pflegebedürftige

Über eine Million Krankenhausaufenthalte von Pflegebedürftigen können als potentiell vermeidbar angesehen werden. Dazu gehören insbesondere Krankenhausaufnahmen wegen Diabetes mellitus, Typ 2, Volumenmangel, Herzinsuffizienz, sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit und sonstige Krankheiten des Harnsystems. Neben der pflegerischen und medizinischen Versorgung könnten hier auch die Mitwirkung der Pflegebedürftigen sowie das individuelle Gesundheitsverhalten eine Rolle spielen.

Plötzlich Pflegebedürftig – was kommt nach dem Krankenhaus?

Wenn ein Pflegebedarf im Krankenhaus festgestellt wird, ist dieser häufig mit relativ plötzlich auftretenden, schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs oder Schlaganfall verbunden und die Pflegegrade sind dann meist höher als in anderen Situationen, in denen eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wird. An den Krankenhausaufenthalt schließt in diesen Fällen die Frage nach der weiteren Versorgung an, auf die das häusliche Umfeld oft nicht vorbereitet ist. Mehr als die Hälfte (53,5 Prozent) der Personen, bei denen im Zuge ihres Krankenhausaufenthaltes eine Pflegebedürftigkeit festgestellt wird, wird nach der Entlassung aus dem Krankenhaus ausschließlich informell gepflegt – d.h. ohne Leistungen von ambulanten Pflegediensten, Versorgung in Pflegeeinrichtungen. 39,8 Prozent beziehen Pflegesachleistung und 6,4 Prozent ziehen in Pflegeheime. Zudem nutzt jede siebte Person (14,2 Prozent) Kurzzeitpflege. Von diesen wird einen Monat später die Hälfte noch vollstationär versorgt. Die Kurzzeitpflege nimmt hier eine Überbrückungsfunktion ein, bis die adäquate Versorgung organisiert ist.

Veränderungen auch für schon Pflegebedürftige

Für Menschen, die bereits pflegebedürftig sind, ist nicht nur die Wahrscheinlichkeit eines Krankenhausaufenthaltes überhaut, sondern auch die eines potenziell vermeidbaren höher als für Menschen ohne Pflegebedarf. Vielfach erhöht sich nach dem Krankenhausaufenthalt der Pflegegrad. Dadurch können Angehörige auch hier vor der Frage nach einem veränderten Versorgungsbedarf stehen. Schon im Monat der Krankenhausentlassung nehmen 5,6 Prozent der bislang informell versorgten Pflegebedürftigen einen Pflegedienst in Anspruch und 2,7 Prozent ziehen in ein Pflegeheim. Von den Pflegebedürftigen, die bislang durch Pflegedienste versorgt werden, ziehen sogar 8,1 Prozent schon im Entlassungsmonat in ein Pflegeheim um. Von den bisherigen Nutzern der Pflegedienste nutzen 15,7 Prozent direkt nach der Entlassung auch die Kurzzeitpflege, welche auch bei diesen Pflegebedürftigen sehr häufig als Überbrückung in die vollstationäre Dauerpflege genutzt wird.

Krankenhausaufenthalte sind für Pflegebedürftige deutlich länger

Notwendige Suchprozesse können die Entlassungen aus dem Krankenhaus verzögern, dabei liegt es im Interesse der Krankenhäuser, Krankenkassen und Pflegebedürftigen den Krankenhausaufenthalt so kurz wie möglich zu halten. Ein Entlassungsmanagement der Krankenhäuser soll zwar bei dem Übergang helfen, scheitert aber häufig schlichtweg an zu wenigen Plätzen in den Pflegeeinrichtungen und beginnt teilweise zu spät und zu unkoordiniert. Patient:innen mit einem neu festgestellten Pflegebedarf sind im Durchschnitt dreieinhalb Tage und durch ambulante Pflegedienste versorgte Pflegebedürftige sind im Durchschnitt bis zu zweieinhalb Tage länger im Krankenhaus als nicht pflegebedürftige Personen. Dies kann sowohl an einem schwereren Krankheitsverlauf als auch an einer notwenigen Überbrückungszeit liegen. Da eine anschließende Nutzung der Kurzzeitpflege die Krankenhausdauer durchschnittlich um weitere sechs Tage verlängert, deutet vieles auf einen längeren Suchprozess für die adäquate pflegerische Versorgung hin.

 

Download:

BARMER Pflegereport 2023

Statement von Prof. Rothgang anlässlich der Pressekonferenz

Folienvortrag von Prof. Rothgang anlässlich der Pressekonferenz


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

Dr. rer. pol. Rolf Müller
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58554
E-Mail: rmint@uni-bremen.de

Erster Landespflegebericht in Bremen vorgestellt

Wie steht es um die Pflege im Land Bremen? Können 2030 noch alle Menschen versorgt werden, die auf Unterstützung in ihrem Alltag angewiesen sind? Diese Fragen beantworten Prof. Dr. Heinz Rothgang, Thomas Kalwitzki und Benedikt Preuß (alle SOCIUM, Universität Bremen) im ersten offiziellen „Landespflegebericht Bremen 2023,“ den sie gemeinsam mit Dr. Johanna Krawietz (Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V) im Auftrag der Senatorin für Arbeit, Soziales, Jugend und Integration vorgestellt haben.

Jeder sechste Mensch in Deutschland wird derzeit im Laufe seines Lebens pflegebedürftig und ist damit in seinem Alltag auf Unterstützung angewiesen. Neben der Pflege durch Angehörige stellen beispielsweise ambulante Pflegedienste und Pflegeheime die Versorgung pflegebedürftiger Menschen sicher. Um diese Versorgung zu garantieren, sieht die Gesetzgebung eine langfristige Planung von ambulanten und (teil)stationären Einrichtungen vor. Der vorgelegte Landespflegebericht bildet die Grundlage für diese Planung, indem er nicht nur die Bevölkerungsentwicklung und die gegenwärtige Pflegeversorgung in Bremen aufzeigt, sondern diese auch den aktuellen und zukünftigen Bedarfen gegenüberstellt. Dazu analysierten die Wissenschaftler Daten aus den Jahren 2015-2022, auf deren Grundlage sie auch Entwicklungen bis 2030 berechnen können.  

Für die allgemeine Bevölkerungsentwicklung stellen die Forscher ähnliche Tendenzen in Bremen und Bremerhaven fest. So wird es zwar in beiden Städten bis 2030 zu einem deutlichen Rückgang in der Altersgruppe der 30-66-Jährigen und einem großen Anstieg der Gruppe der 67-79-Jährigen kommen, der Anteil der über 80-Jährigen sinkt hingegen. Innerhalb der älteren Bevölkerung kommt es insgesamt also zu einer Verjüngung. In Hinblick auf die pflegerische Versorgung ist insbesondere die Altersgruppe 80+ relevant, da hier die Wahrscheinlichkeit pflegebedürftig zu werden am größten ist.

Ältere Stadtteile werden jünger, jüngere Stadtteile werden älter

Ein besonderer Fokus des Berichtes liegt auf dem Vergleich der Bremer und Bremerhavener Stadteile hinsichtlich ihrer Bevölkerungsentwicklung und der Entwicklung der Pflegebedürftigkeit. Hier zeigen sich große Unterschiede. In der Stadt Bremen sind die Stadtteile Oberneuland und Horn-Lehe sowie in Bremerhaven die Stadtteile Surheide und Mitte verhältnismäßig alt, die Bremer Stadtteile Östliche Vorstadt und Walle und die Stadtteile Lehe und Geestemünde in Bremerhaven sind vergleichsweise jung. Diese Unterschiede werden sich aber in den nächsten Jahren angleichen, da die „alten“ Stadtteile jünger, und die „jungen“ Stadtteile älter werden. Doch hier gibt es Ausnahmen: der Bremer Stadtteil Obervieland ist beispielsweise bereits jetzt deutlich älter als der Durchschnitt und wird bis 2030 noch weiter altern.

Die Zahl der Pflegebedürftigen stieg zwischen 2015 und 2021 im Land Bremen, wie im gesamten Bundesgebiet, stark an. Im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung liegt die Zahl der Pflegebedürftigen in Bremen damit nah am Bundesdurchschnitt. Aber auch hier sind deutliche Unterschiede zwischen den Bremer Stadteilen zu erkennen: während in Burglesum oder Obervieland in 2021 mehr als 70 Pflegebedürftige je 1.000 Einwohner:innen lebten, waren es in der Östlichen Vorstadt ca. 33. Auf der Grundlage von Daten über Empfänger:innen von Pflegegeld und/oder Pflegesachleistungen durch ambulante Pflegedienste können die Wissenschaftler abschätzen wie sich die Zahl der pflegebedürftigen Menschen zukünftig im Land Bremen entwickelt. Dabei überrascht: zwischen 2021 und 2030 wird die Zahl der Pflegebedürftigen nur minimal um ca. 1.000 Personen steigen. Die unterschiedlichen Bevölkerungsentwicklungen in den Stadtteilen wirken sich auch auf die benötigte Versorgung aus: während in Stadtteilen wie Huchting und Burglesum, die jünger werden, die Anzahl an Menschen, die auf Pflegegeld oder Pflegesachleistungen angewiesen sind, zurück geht, steigt ihre Anzahl in anderen, „alternden“ Stadtteilen wie Walle und der Östlichen Vorstadt um mehr als 20 % an.  

Versorgungslage verschlechtert sich

In ihrem Bericht stellen die Bremer Wissenschaftler auch die Entwicklung der Versorgungssituation in Bremen dar und vergleichen die Versorgung mit anderen Bundesländern. Dabei stellen sie fest: im Land Bremen zwischen 2015 und 2021 sind die Versorgungsgrade (Plätze je Pflegebedürftige) der meisten Leistungsangebote deutlich zurückgegangen. Die Versorgung im ambulanten Bereich (inkl. Tagespflege) ist im Bundesvergleich zwar überdurchschnittlich, im stationären Bereich liegt der Versorgungsgrad hingegen unter dem Bundesdurchschnitt. Besondere Versorgungslücken bestehen im Bereich der Kurzzeitpflege. In Bremen und Bremerhaven unterscheidet sich die Versorgung zwischen den Stadtteilen deutlich. Pflegeheime sowie ambulante Pflegedienste liegen in den beiden Städten meist in zentralen, jüngeren Stadtteilen und damit nicht dort wo der Bedarf besonders hoch ist. Beim großen Thema Personalmangel in Pflegeheimen liegt Bremen hingegen insgesamt im Durchschnitt, wobei es im Vergleich zu anderen Bundesländern einen höheren Bedarf an Pflegefachkräften gibt, dafür aber einen geringeren Bedarf an Assistenzkräften.

Für die Zukunft empfehlen die Wissenschaftler eine zweijährige Berichterstattung, um demographische Veränderungen festzuhalten und eine angemessene Pflegeplanung zu garantieren. Zudem sollten Versorgungslücken in weniger zentralen Stadtteilen gefüllt werden, indem das stationäre beziehungsweise ambulante Angebot ausgeweitet wird. Um dem Personalmangel in der Pflege zu begegnen, heben Prof. Rothgang und seine Kollegen die Notwendigkeit hervor, den Beruf attraktiver zu machen, indem die Arbeitsbedingungen und Bezahlung besser werden. Auch ein neues Konzept zu Maßnahmen der Personal- und Organisationsentwicklung, das aktuell in der Arbeitsgruppe des Bremer Professors entwickelt wird, soll zukünftig dabei helfen, den Einsatz von Pflegepersonal zu verbessern.

Im zweiten Teil des Landespflegeberichts, der durch die Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e. V. (LVG & AfS) erarbeitet wurde, wird die Entwicklung und die aktuelle Situation in Hinblick auf pflegeunterstützende Maßnahmen und offene Altenhilfe wie ehrenamtliche Angebote im Bereich Betreuung und Beratung dargestellt.

Der vollständige Bericht kann auf der Website der Pressestelle des Senats heruntergeladen werden.

Text: Maren Emde und Benedikt Preuß


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
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Prof. Dr. Olaf Groh-Samberg (FGZ Bremen), Clara Dilger (FGZ Leipzig)Prof. Dr. Olaf Groh-Samberg (FGZ Bremen), Clara Dilger (FGZ Leipzig)
Erster Zusammenhaltsbericht des FGZ untersucht die Zusammensetzung sozialer Bekanntenkreise in Deutschland

Der erste Zusammenhaltsbericht des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) zeigt: Große Teile der Bevölkerung in Deutschland verfügen über homogene Bekanntenkreise – und dies beeinflusst auch ihre Weltsichten und Erfahrungen. Die stärkste Tendenz zur Netzwerksegregation findet sich demnach unter AfD- sowie Grünen-Wähler:innen, außerdem unter hochgebildeten, muslimischen sowie ländlichen Bevölkerungsgruppen. Der Bericht ist das Ergebnis einer repräsentativen Längsschnittstudie mit mehr als 12.000 Befragten. Im Zentrum des Berichts steht der Zusammenhang zwischen homogenen Bekanntenkreisen und Idealen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, Einstellungen zur Demokratie, Erfahrungen des Zusammenhalts im Lebensumfeld und Emotionen gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen.
 

Zwischen vielen Menschen in Deutschland existieren kaum mehr Berührungspunkte, sie bleiben unter sich und bewegen sich in alltagsweltlichen „Blasen“ – so lautet eine populäre Zeitdiagnose. Der heute vorgestellte erste Zusammenhaltsbericht des Forschungsinstituts Gesellschaftlicher Zusammenhalt untersucht, was an dieser weitverbreiteten Annahme dran ist und welche Rolle die Zusammensetzung der Bekanntenkreise für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland spielt.

Mit der ersten Erhebungswelle der langfristig angelegten FGZ-Zusammenhaltsstudie (Social Cohesion Panel) liegt nun erstmals ein sehr großer, repräsentativer Datensatz für Deutschland vor, der es möglich macht, ein breites Spektrum an Einstellungen, Erfahrungen, Emotionen und Praktiken von Menschen aus allen sozialen Gruppen, Milieus und Regionen im Kontext ihrer Lebensweisen und soziostrukturellen Hintergründe differenziert zu analysieren. Auf dieser Basis können auch erstmals empirisch gesicherte Rückschlüsse zu Fragen des gesellschaftlichen Zusammenhalts in Bezug auf die Bedeutung der Zusammensetzung von Bekanntenkreisen der Befragten vorgelegt werden. Diese Befunde liefern wichtige Einblicke in die Verbreitung und Wirkungsweise der in den Medien viel zitierten alltagsweltlichen „Blasen“.

Prof. Dr. Olaf Groh-Samberg, Sprecher des FGZ und einer der Hauptautoren der Studie erklärt: „Unser Bericht zeigt, dass es die sprichwörtlichen „Filterblasen“ auch in der „analogen Welt“ gibt: Menschen, deren soziale Bekanntenkreise eher homogen zusammengesetzt sind, denken, fühlen und handeln auch anders als Personen, die sich in eher gemischten Netzwerken bewegen. Letzteres kann helfen, Verständnisbarrieren und Feindseligkeiten zwischen sozialen Gruppen abzubauen.“

Weitere zentrale Befunde des Zusammenhaltsberichts sind im Folgenden kurz zusammengefasst.

 

Homogene soziale Netzwerke: vor allem bei Grünen- und AfD-Anhänger:innen

Eine besonders starke Tendenz, „unter sich“ zu bleiben, finden wir vor allem bei Grünen- und AfD-Sympathisant:innen: 50 Prozent der potentiellen AfD-Wähler:innen berichten, dass sich ihre Bekanntenkreise überwiegend aus AfD-Sympathisant:innen zusammensetzen; unter potentiellen Grünen-Wähler:innen haben sogar 62 Prozent politisch homogene Netzwerke. Ebenfalls stark ausgeprägt ist diese Tendenz zur Netzwerksegregation bei Personen muslimischen Glaubens, geringer Bildung und ländlicher Wohnumgebung; weiterhin bei Ostdeutschen, Reichen und Hochgebildeten.  

Einstellungen zur Demokratie: Vertrauen muss man sich leisten können 

Es gibt deutliche Unterschiede in Einstellungen zur Demokratie nach Bildungsstand und Einkommen: Menschen mit sozio-ökonomisch privilegierten Netzwerken weisen tendenziell hohes politisches Vertrauen, eine relativ große Demokratiezufriedenheit und im geringen Maße populistische Einstellungen auf. Dagegen zeigen Menschen mit eher gering gebildeten oder ökonomisch schlechtgestellten Bekanntenkreisen ein geringeres Vertrauen in die politischen Institutionen, eine geringe Zufriedenheit mit der Demokratie und in erhöhtem Ausmaß populistische Einstellungen.

Negative Emotionen gegenüber anderen gesellschaftlichen Gruppen

Eine „affektive Polarisierung“ – die übersteigerte emotionale Identifikation mit der Eigengruppe bei gleichzeitiger Abwertung der Fremdgruppe – findet sich in Deutschland vor allem zwischen konkurrierenden politischen Lagern (links vs. rechts und Grüne vs. AfD). Während Menschen mit der Absicht die Grünen zu wählen andere Menschen, die mit den Grünen sympathisieren, sehr positiv gegenüberstehen, lehnen sie Menschen, die mit der AfD sympathisieren, sehr stark ab. Potentielle Wähler:innen der AfD bewerten dagegen andere AfD-Anhänger:innen als sehr sympathisch und verspüren eine ausgeprägte Abneigung gegenüber Anhänger:innen der Grünen. Für die meisten sozialen Gruppen mit homogenen Netzwerken ist auch die Tendenz zur affektiven Polarisierung größer. Hier bestätigt sich die Annahme, dass Kontakte und Berührungspunkte zwischen sozialen Gruppen Feindseligkeiten zwischen diesen Gruppen abmildern können.

Fazit: Netzwerksegregation begünstigt Polarisierung

Insgesamt zeigt der Zusammenhaltsbericht, dass die sozialen Bekanntschaftsnetzwerke der Deutschen keineswegs vollständig entkoppelt, aber gleichwohl in beträchtlichem Maße homogen und segregiert sind. Für die verschiedenen sozialen Merkmale, die in der Studie betrachtet wurden, zeigen sich dabei unterschiedliche Ausprägungen und Auswirkungen der Segregation. Eine lebensweltliche „Entkopplung“ sozialer Gruppen mit entgegengesetzten Einstellungen und Werten sowie feindseligen Gefühlen zeigt sich vor allem zwischen den politischen Lagern von Grünen- und AfD-Anhänger:innen.

 

Der ausführliche Zusammenhaltsbericht sowie eine Kurzfassung sind kostenfrei zugänglich über die Website des FGZ: https://fgz-risc.de/zusammenhaltsbericht  

 

Pressekontakt

Sarah Lempp
Leiterin Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt
E-Mail: presse@fgz-risc.de
Telefon: +49 341 9737762

 

Über das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt

Das Forschungsinstitut Gesellschaftlicher Zusammenhalt (FGZ) ist ein dezentrales und interdisziplinäres Forschungsinstitut, das 2020 gegründet wurde und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird. Es erforscht in über 80 Forschungs- und Transferprojekten Begriff und Konzeptionen, Quellen und Gefährdungen, Folgen und Wirkungen sowie historische, globale und regionale Kontexte und Konstellationen gesellschaftlichen Zusammenhalts aus einer Vielzahl disziplinärer Perspektiven und methodischer Zugänge.
Das FGZ setzt sich aus elf Standorten in ganz Deutschland zusammen und nimmt dadurch auch die regionale Vielfalt gesellschaftlichen Zusammenhalts in Deutschland in den Blick. Zum Verbund gehören die Technische Universität Berlin, die Universitäten Bielefeld, Bremen, Frankfurt, Halle-Wittenberg, Hannover, Konstanz und Leipzig sowie das Soziologische Forschungsinstitut Göttingen, das Leibniz-Institut für Medienforschung Hamburg und das Institut für Demokratie und Zivilgesellschaft Jena.

Über das Forschungsdatenzentrum des FGZ (FDZ-FGZ)

Am Forschungsdatenzentrum des FGZ (FDZ-FGZ) wird in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) die zentrale repräsentative Studie des FGZ, das German Social Cohesion Panel (SCP), durchgeführt. Im SCP werden seit 2021 bis zu 17.000 Personen in jährlichen Abständen zu verschiedenen Themen befragt, die den gesellschaftlichen Zusammenhalt betreffen. Neben dem SCP umfasst die Dateninfrastruktur des FGZ auch eine regionale Studie (Regionalpanel), eine qualitative Studie (Qualipanel), sowie ein Datenobservatorium der sozialen Medien (Social Media Obervatory, SMO).

 

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Vortrtag über Nachhaltigkeit in Krankenhäusern eröffnet das Gesundheitspolitische Kolloquium im Wintersemester 2023/2024

Der Energieverbrauch eines durchschnittlichen Krankenhauses ist vergleichbar mit dem einer Kleinstadt – da wundert es nicht, dass das Gesundheitswesen ca. 5,2 Prozent der Gesamtemissionen in Deutschland verursacht. Zahlen wie diese sind für Sabine Schröder mehr als Grund genug etwas zu ändern. Darüber berichtete sie im Gesundheitspolitischen Kolloquium am 25. Oktober und eröffnete damit die Vortragsreihe im Wintersemester 2023/2024.

Sabine Schröder ist seit über 20 Jahren Qualitäts- und Leitbildbeauftragte des Bremer Krankenhauses St. Joseph-Stift. Vor ein paar Jahren beschloss sie mit weiteren Kolleg:innen an einer nachhaltigeren und klimaneutraleren Gestaltung des Krankenhauses zu arbeiten. Ihre Position hilft ihr bei ihrem Vorhaben: „Beim Qualitätsmanagement ist diese Aufgabe genau richtig angesiedelt, denn wir sind gut vernetzt und reden sowieso mit allen!“

Die Möglichkeiten für Krankenhäusern nachhaltiger zu werden sind zahlreich. So berichtet Schröder, dass das St. Joseph-Stift auf Ökostrom umgestiegen ist, das Kantinenangebot auf weniger Fleisch und damit auf weniger CO2 umgestellt hat und wenn es Einwegbecher einsetzt, sind diese nun kompostierbar. Darüber hinaus gibt es aber auch Stellschrauben, die für Krankenhäuser spezifisch sind und an denen gedreht werden kann: im OP werden CO2-emmisionsärmere Gase verwendet, die OP-Lüftung wird heruntergefahren, wenn sie nicht gebraucht wird und bei Fertigspritzen wird auf eine längere Haltbarkeit geachtet.

Insgesamt können Schröder und ihre Kolleg:innen schon viele Erfolge verzeichnen –am Ziel ist sie aber noch nicht: „Wenn ich einen Wunsch frei hätte, dann, dass die Verpackung gesetzlich reguliert wird. Medizinprodukte verursachen einen enormen Verpackungsmüll – weit über das hinaus, was für die Sterilität nötig ist.“ Dies antwortete sie auf die Frage, was sie sich von der Politik für ihre Arbeit wünsche, die ihr in der Diskussionsrunde mit den Besucher:innen  gestellt wurde. Prof. Dr. Heinz Rothgang moderierte die Diskussion im Anschluss an den Vortrag, in der sich auch Bremer Krankenhäuser untereinander vernetzten um gemeinsam an einem nachhaltigeren Gesundheitswesen zu arbeiten.

Die Veranstaltungen des Gesundheitspolitischen Kolloquiums werden von Prof. Dr. Heinz Rothgang und Prof.in Dr. Eva Quante-Brandt moderiert und finden im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4/5, 28195 Bremen statt. Eine vorherige Anmeldung ist nicht notwendig und der Eintritt ist kostenlos.

Im Wintersemester 2023/24 diskutieren wir mit ausgewählten Referent:innen über aktuelle Herausforderungen und Lösungsansätze für die Gesundheitsversorgung in Deutschland.

Weitere Themen und Termine in diesem Semester:

Mittwoch, 29.11.2023, 18-20h

Arzneimittellieferengpässe: Hintergründe und Fakten

Dr. rer. nat. Isabel Justus

Geschäftsführerin Apothekerkammer Bremen, Fachapothekerin für öffentliches Gesundheitswesen

Mittwoch, 06.12.2023, 18-20h

Gesundheit und Gesundheitsversorgung von LSBT*Q - gesundheitliche Chancengleichheit

Thomas Altgeld

Geschäftsführer der Landesvereinigung für Gesundheit und Akademie für Sozialmedizin Niedersachsen Bremen e.V.

Mittwoch, 10.01.2024, 18-20h

Quartiersbezogene Gesundheitsversorgung in Bremen am Beispiel LIGA-Gröpelingen

Christina Kisner

Koordinatorin Gesundheitstreffpunkte e.V.

Mittwoch, 24.01.2024, 18-20h

Aktuelles von der Krankenhausreform

Prof. Dr. Boris Augurzky

Leiter „Gesundheit“ am Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung (RWI), Vorstandsvorsitzender der Rhön Stiftung

Mittwoch, 31.01.2024, 18-20h

(Digitale) Medien, soviel wie sie „gut“ tun? Ein Diskussionsmodell zwischen Lust, Last und Lost

Markus Gerstmann

Medienpädagoge im ServiceBureau Jugendinformation / LidiceHaus Bremen

 

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an gpk.socium@uni-bremen.de.

Aktuelle Informationen zu den Veranstaltungen finden Sie auch auf unserer Website.