Aktuelle Mitteilungen

21.11.2025

DFG Erfolg

(c) Maximilian Hohmann(c) Maximilian Hohmann
Sonderforschungsbereich "Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik" geht in die dritte Förderphase

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) fördert den Sonderforschungsbereich 1342 "Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik" in einer dritten Phase für weitere vier Jahre bis Ende 2029. Insgesamt stehen über neun Millionen Euro zur Verfügung, um die zwölfjährige Forschungsagenda erfolgreich abzuschließen.

Der Bewilligungsausschuss für Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft hat am 21. November 2025 bekannt gegeben, den SFB 1342 für weitere vier Jahre mit über neun Millionen Euro zu fördern. Die dritte Förderphase beginnt am 1. Januar 2026.

"Wir freuen uns sehr über diesen großen Erfolg unserer Universität und ihrer Partnerinstitutionen", sagt Prof. Dr. Jutta Günther, Rektorin der Universität Bremen. "Der SFB 1342 hat sich in den vergangenen acht Jahren zu einer renommierten Institution etabliert, die nun weitere vier Jahre einen wichtigen Beitrag in ihrem interdisziplinären Forschungsfeld leisten kann."

Sonderforschungsbereiche gehören zu den größten und bedeutendsten Forschungsverbünden, welche die DFG fördert. Am SFB 1342, der seine Arbeit 2018 aufgenommen hat, sind neben dem SOCIUM als Ankerinstitut weitere Forschungsinstitute und -einrichtungen der Universität Bremen, der Constructor University Bremen, der Universität Bielefeld, der Universität Marburg, der Universität Bamberg, der Universität Mannheim und der Universität Duisburg-Essen beteiligt. Darüber hinaus zählen auch mehrere außeruniversitäre Forschungseinrichtungen wie etwa die Forschungsstelle Osteuropa und das Deutsche Zentrum für Integrations- und Migrationsforschung (DeZIM) dazu.

In zukünftig 13 Teilprojekten erforschen rund 80 Wissenschaftler*innen aus Politikwissenschaft, Soziologie, Geschichte, Geographie, Rechtswissenschaft und Informatik die weltweite Wirksamkeit staatlich verantworteter Sozialpolitik. Aus den zwei Förderphasen sind bislang hunderte Veröffentlichungen in internationalen Fachzeitschriften mit Begutachtungsverfahren, in Form von Monographien, in Sammelbänden und Policy-Briefs entstanden.

In zwei Projektbereichen wird in der ab Januar 2026 beginnenden dritten Phase der Frage nachgegangen, wie Sozialprogramme zur Verbesserung sozialer Lebensbedingungen beitragen und politische Integration fördern. Im Bereich A untersuchen sechs Teilprojekte, wie sich Sozialpolitik weltweit auf soziale und politische Strukturen auswirkt. Im Bereich B analysieren sechs weitere Teilprojekte die gesellschaftlichen und politischen Folgen sozialpolitischer Maßnahmen in ausgewählten Ländern und Weltregionen. Im Informationsinfrastruktur-Projekt (INF) wird das Global Welfare State Information System (WeSIS) weiter ausgebaut. Das webbasierte, interaktive System ging bereits in der zweiten Förderphase online und steht seither Forschenden und der Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung.

Fragen beantwortet:
Prof. Dr. Markus Tepe
Universität Bremen
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Telefon: +49 421 218-58520
E-Mail: markus.tepe@uni-bremen.de

Kontakt:
Dr. Maximilian Hohmann
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-57058
E-Mail: hohmann@uni-bremen.de

Prof. Rothgang stellt BARMER-Pflegereport in Berlin vor

Die steigende Zahl der Pflegebedürftigen ist insbesondere auf die Leistungserweiterung der Pflegeversicherung und nur zu einem geringen Anteil auf demografische Alterung zurückzuführen. Zu diesem Fazit kommt der neue Pflegereport, den das SOCIUM der Uni Bremen im Auftrag der BARMER erstellt hat.

Der jährlich veröffentlichte BARMER-Pflegereport bewertet die aktuelle Pflegepolitik und erfasst die Situation der Pflege. Für den Bericht werteten Professor Heinz Rothgang, Corinna Burfeindt, Dr. Jonas Czwikla und Dr. Rolf Müller vom SOCIUM der Universität Bremen Daten aus der Pflege- und Kassenstatistik sowie der BARMER umfassend aus.

 

Die steigende Anzahl der Pflegebedürftigen ist insbesondere auf die Leistungsauswei­tungen der Pflegeversicherung zurückzuführen

Seit etwa zehn Jahren steigt die Zahl der Pflegebedürftigen in Deutschland rasant an: So hat sich der Anteil der Pflegebedürftigen an der Bevölkerung nach Auswertung der BARMER-Daten von 3,21 Prozent im Jahr 2015 auf 6,24 im Jahr 2023 annähernd verdoppelt. Nur rund 15 Prozent dieses Anstiegs lässt sich jedoch durch demographische Entwicklungen erklären.

Das diesjährige Schwerpunktkapitel des Berichtes untersucht deshalb, inwieweit der Anstieg durch eine erhöhte Anzahl von Krankheitsfällen erklärt werden kann. Bei den Erkrankungen wird unter­schieden zwischen akuten Ereignissen wie ein Schlaganfall oder eine Krebsdiagnose, die die Angehörigen vor plötzliche Entscheidungsnotwendigkeiten stellen, und langsam schleichenden Veränderungen bei fortschreitenden Erkrankungen wie Parkinson, die von Angehörigen erst über die Zeit als herausfordernd oder überfordernd erkannt werden. Wie wahrscheinlich es ist, innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Diagnose pflegebedürftig zu werden, hängt von der Art der Erkrankung ab.

Je nachdem, wie plötzlich die pflegebegründenden Ereignisse eintreten, kann dies zwar einen Effekt auf die Art der Versorgung und auf die Dauer der Pflegebedürftigkeit haben. Die Gründe für die steigende Zahl an Pflegebedürftigen liegen jedoch vielmehr jenseits der Entwicklung der Demografie und Krankheitsgründen. Die steigende Anzahl Pfle­gebedürftiger ist insbesondere auf die Ausweitungen der Leistungen der Pflegeversicherung und der Zugangsberechtigungen zu diesen Leistungen zurückzuführen. Die Einführung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs im Jahr 2017, der auch Menschen mit Demenz und anderen kognitiven beziehungsweise psychischen Einschränkungen besser berücksichtigt, hat entschei­dend zu diesem Anstieg beigetragen. Dieser Befund ist insbesondere deshalb auch politisch von Bedeutung, weil die Bundesregierung ausdrücklich vorgesehen hat, dass die geplante „große Pflegereform“ nur demographisch bedingte Ausgabensteigerungen enthalten darf. Wenn demographische Faktoren aber eine untergeordnete Rolle beim Ausgabenanstieg spielen, impliziert diese Setzung der Bundesregierung letztlich Leistungskürzungen.  

 

Finanzierungsprobleme der Pflegeversicherung bleiben bestehen, konkrete Reform­vorschläge bisher aus

Die Finanzierungsprobleme der Pflegeversicherung bleiben weiterhin bestehen. Die Eigenan­teile in der Heimpflege betragen im ersten Jahr der Heimpflege inzwischen bundesdurch­schnittlichen mehr als 3.100 Euro – und liegen damit weit jenseits dessen, was Pflegebedürftige mit durchschnittlichen Alterseinkünften finanzieren können. Die Pflegeversicherung droht nach Einschätzung der Autor:innen des Reports damit ihr selbstgestecktes Ziel, Verarmung durch Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zuneh­mend zu verfehlen. Gleichzeitig drohe der Pflegeversicherung bereits in diesem Jahr ein Defizit, das im nächsten Jahr weiter steigen wird. Im Koalitionsvertrag der Bunderegierung ist die Einsetzung einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe verabredet, die die Grundlagen einer „großen Pflegereform“ erarbeiten soll. „Der Beitragssatz der Pflegeversicherung ist in den in den letzten Jahren bereits in immer kürzeren Abständen erhöht worden. Die Politik muss Möglichkeiten finden, die Eigenanteile effektiv zu reduzieren und zu begrenzen, ohne den Beitragssatz an­zuheben“ sagt Professor Heinz Rothgang. „Es liegt eine Vielzahl an Vorschlägen zur Begrenzung der Eigenanteile durch Veränderungen des Leistungsrechts und der Finanzierungsregeln inner­halb der bestehenden Sozialversicherung vor, die von der Politik aufgegriffen und geprüft werden müssen“, so der Pflegeökonom weiter.

 

Link zum BARMER-Pflegereport 2025.


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

(Un)mögliche Transformation? Gesellschaftlicher Zusammenhalt und Einstellungen zum Klimawandel in Deutschland

Der zweite Zusammenhaltsbericht des FGZ analysiert umfassend, wie die deutsche Bevölkerung zur sozial-ökologischen Transformation steht. Die Ergebnisse zeigen deutliche Konfliktlinien, aber auch überraschende Konsenspotenziale zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen. Den Bericht als Kurz- und Langfassung sowie weitere Informationen finden Sie auf dieser Seite.

Die Veröffentlichung des zweiten Zusammenhaltsberichts am 13. November 2025 wird gerahmt durch zwei Veranstaltungen am gleichen Tag:

Um 10 Uhr wird die Studie im Rahmen einer Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt. Mit: Dr. Silke Launert (Parlamentarische Staatssekretärin bei der Bundesministerin für Forschung, Technologie und Raumfahrt), Prof. Dr. Olaf Groh-Samberg (Direktor des FGZ und Leiter des German Social Cohesion Panel), Dr. Nils Teichler (Forschungsdatenzentrum des FGZ) und Clara Dilger (FGZ Leipzig). 

Um 18 Uhr werden die Ergebnisse der Studie im Rahmen einer Podiumsdiskussion in Halle mit Vertreter:innen aus Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft diskutiert. Die Veranstaltung findet statt in Zusammenarbeit mit dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) und dem Zukunftszentrum Deutsche Einheit und Europäische Transformation. Die Veranstaltung ist öffentlich – nähere Informationen finden Sie hier.

Kontakt
Dr. Nils Teichler
Prof. Dr. Olaf Groh-Samberg
Dr. Jean-Yves Gerlitz

15.10.2025

Claus Offe

(1940 – 2025)

Das SOCIUM trauert um Claus Offe, der am 01.10.2025 verstorben ist. Er kam 1988 als Professor für Politikwissenschaft an die Universität Bremen und gehörte zu den Gründungsvätern des interdisziplinären Zentrums für Sozialpolitik (ZeS), eines der Vorläuferinstitute des SOCIUM. Hier baute er, anfangs zusammen mit Ulrich K. Preuß, die Abteilung „Theorie und Verfassung des Wohlfahrtsstaates“ auf, der er bis zu seinem Wechsel an die Humboldt Universität zu Berlin 1995 vorstand.

Offe brachte nicht zuletzt aus seiner Tätigkeit am Max-Planck-Institut in Starnberg, an den Universitäten Frankfurt am Main und Bielefeld sowie aus Forschungsaufenthalten in Berkeley und an Harvard ein umfangreiches Werk und weltweit hohes Ansehen im Fach mit nach Bremen. Das gab dem Zentrum für Sozialpolitik nicht nur den dringend nötigen Rückenwind in der scientific community, sondern bot Erfahrungen, Kontakte und interdisziplinäre Kooperationen, um das ZeS sehr schnell im nationalen wie internationalen Umfeld zu verankern.

Offe war nicht nur ein vielgefragter Teilnehmer und Redner auf Workshops und Seminaren. Seine vielschichtigen Forschungsinteressen realisierte er auch in seiner Bremer Zeit in einer großen Zahl an Veröffentlichungen. Die Kombination von grundlegenden Fragen der Sozialwissenschaften und der Gesellschaftstheorie mit aktuellen Themen als empirischen Forschungsgegenständen und deren interdisziplinären Bearbeitung sind weiterhin prägend. So kooperierte er beispielsweise 1993 in einem Projekt mit Winfried Schmähl, um die in Deutschland anstehende Einführung der Pflegeversicherung aus politik- und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht zu untersuchen. Daraus entstanden die bundesweit ersten sozialwissenschaftlichen Analysen zu dieser Erweiterung der deutschen Sozialversicherung.

Im Zentrum der Bremer Zeit steht zudem der umfangreiche Vergleich der Transformationsphasen in den mittel- und osteuropäischen Staaten nach dem Zerfall der Sowjetunion. Offe warnte vor dem Problem der Gleichzeitigkeit von politischem, wirtschaftlichem und sozialem Strukturwandel, der historisch so kein Vorbild besitze. Wolle man die Bevölkerung nicht auf diesem Weg zu Demokratie und Marktwirtschaft verlieren, dann müsse dieser Umbruchprozess sozial abgefedert werden.

Claus Offe hat die Aufgabe der Wissenschaft immer auch in der Kritik an Gesellschaft und Staat gesehen und sich folglich nie gescheut, klar Position zu beziehen. Mit ihm verlieren die bundesdeutschen Sozialwissenschaften nicht nur eine ihrer engagiertesten Stimmen, sondern auch einen der theoretisch ideenreichsten Sozialwissenschaftler.

Sprecherinnenteam, Vorstand sowie die Mitglieder des SOCIUM sowie des ehemaligen Zentrums für Sozialpolitik (ZeS)

Ökonomische Deprivation erhöht Risiko für Gewalt in Partnerschaften gegen Frauen in Deutschland

„Obwohl Gewalt in Paarbeziehungen ein weit verbreitetes Phänomen ist, ist die empirische Faktenlage in Deutschland vergleichsweise dünn. So gibt es bislang wenig verlässliche Daten und Auswertungen auf Basis probabilistischer Stichproben“, erklären Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen und Lara Minkus von der Europa-Universität Flensburg. Gemeinsam haben sie Daten des Beziehungs- und Familienpanels (pairfam) ausgewertet, das Informationen zu partnerschaftlicher Gewalt in Deutschland erhebt.

Ökonomische Deprivation als Risikofaktor

Die Soziologinnen zeigen in ihrer Untersuchung, dass insbesondere Frauen aus ökonomisch benachteiligten Haushalten – etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit oder finanzieller Unzufriedenheit – einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, körperliche Gewalt in ihrer Beziehung zu erleben.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, was Theorien zu Machtverhältnissen und internationale Studien bereits vermuten lassen: Ökonomische Deprivation ist ein zentraler Risikofaktor für Gewalt in Paarbeziehungen“, erklären Lara Minkus und Ruth Abramowski.

Politische Implikationen für Gewaltschutz

Neben der wissenschaftlichen Bedeutung hat die Studie auch eine gesellschaftspolitische Relevanz. Die Autorinnen betonen, dass gezielte finanzielle Unterstützungsangebote für betroffene Frauen einen Beitrag zur Gewaltprävention leisten können.

„Unsere Studie zeigt: Auch in wohlhabenden Gesellschaften wie Deutschland spielt ökonomische Deprivation eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Partnerschaftsgewalt. Daher sind politische Maßnahmen gefragt, die ökonomische Abhängigkeit von Frauen abbauen und ihnen echte Handlungsspielräume eröffnen“ – so Minkus und Abramowski.

Den Artikel finden Sie hier


Kontakt:
Dr. Ruth Abramowski
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 5
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58550
E-Mail: ruth.abramowski@uni-bremen.de

Polarisierung ist Teil einer pluralistischen Gesellschaft

Die Debatte um „Polarisierung“ ist von einem Widerspruch geprägt. Während immer mehr Menschen eine „Spaltung der Gesellschaft“ fürchten, zeigen Umfragen, dass die Einstellungen der Bürger:innen gar nicht auseinanderdriften.

Nachdem er sich zuletzt mit „alternativen Fakten“ befasste, widmet sich Nils C. Kumkar in seinem neuen Suhrkamp-Band einem anderen Aspekt, der die Debatte über die Debatten verwirrt. Er zeigt, dass die Beobachtung der Gesellschaft notwendigerweise Polarisierung wahrnimmt, da Letztere im politischen System mit seinen Unterscheidungen zwischen Regierung und Opposition sowie zwischen Regierenden und Regierten angelegt ist. Spaltung, so Kumkar, lässt sich letztlich nicht überwinden. Die Frage wäre, wie man produktiver spalten kann. Kumkar bietet nicht nur eine Klarstellung in der Diskussion über Polarisierung, sondern auch eine neue Erklärung für den Erfolg des Rechtspopulismus.

 


Kontakt:
Dr. Nils C. Kumkar
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 9
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58620
E-Mail: kumkar@uni-bremen.de