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15.10.2025

Claus Offe

(1940 – 2025)

Das SOCIUM trauert um Claus Offe, der am 01.10.2025 verstorben ist. Er kam 1988 als Professor für Politikwissenschaft an die Universität Bremen und gehörte zu den Gründungsvätern des interdisziplinären Zentrums für Sozialpolitik (ZeS), eines der Vorläuferinstitute des SOCIUM. Hier baute er, anfangs zusammen mit Ulrich K. Preuß, die Abteilung „Theorie und Verfassung des Wohlfahrtsstaates“ auf, der er bis zu seinem Wechsel an die Humboldt Universität zu Berlin 1995 vorstand.

Offe brachte nicht zuletzt aus seiner Tätigkeit am Max-Planck-Institut in Starnberg, an den Universitäten Frankfurt am Main und Bielefeld sowie aus Forschungsaufenthalten in Berkeley und an Harvard ein umfangreiches Werk und weltweit hohes Ansehen im Fach mit nach Bremen. Das gab dem Zentrum für Sozialpolitik nicht nur den dringend nötigen Rückenwind in der scientific community, sondern bot Erfahrungen, Kontakte und interdisziplinäre Kooperationen, um das ZeS sehr schnell im nationalen wie internationalen Umfeld zu verankern.

Offe war nicht nur ein vielgefragter Teilnehmer und Redner auf Workshops und Seminaren. Seine vielschichtigen Forschungsinteressen realisierte er auch in seiner Bremer Zeit in einer großen Zahl an Veröffentlichungen. Die Kombination von grundlegenden Fragen der Sozialwissenschaften und der Gesellschaftstheorie mit aktuellen Themen als empirischen Forschungsgegenständen und deren interdisziplinären Bearbeitung sind weiterhin prägend. So kooperierte er beispielsweise 1993 in einem Projekt mit Winfried Schmähl, um die in Deutschland anstehende Einführung der Pflegeversicherung aus politik- und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht zu untersuchen. Daraus entstanden die bundesweit ersten sozialwissenschaftlichen Analysen zu dieser Erweiterung der deutschen Sozialversicherung.

Im Zentrum der Bremer Zeit steht zudem der umfangreiche Vergleich der Transformationsphasen in den mittel- und osteuropäischen Staaten nach dem Zerfall der Sowjetunion. Offe warnte vor dem Problem der Gleichzeitigkeit von politischem, wirtschaftlichem und sozialem Strukturwandel, der historisch so kein Vorbild besitze. Wolle man die Bevölkerung nicht auf diesem Weg zu Demokratie und Marktwirtschaft verlieren, dann müsse dieser Umbruchprozess sozial abgefedert werden.

Claus Offe hat die Aufgabe der Wissenschaft immer auch in der Kritik an Gesellschaft und Staat gesehen und sich folglich nie gescheut, klar Position zu beziehen. Mit ihm verlieren die bundesdeutschen Sozialwissenschaften nicht nur eine ihrer engagiertesten Stimmen, sondern auch einen der theoretisch ideenreichsten Sozialwissenschaftler.

Sprecherinnenteam, Vorstand sowie die Mitglieder des SOCIUM sowie des ehemaligen Zentrums für Sozialpolitik (ZeS)

Ökonomische Deprivation erhöht Risiko für Gewalt in Partnerschaften gegen Frauen in Deutschland

„Obwohl Gewalt in Paarbeziehungen ein weit verbreitetes Phänomen ist, ist die empirische Faktenlage in Deutschland vergleichsweise dünn. So gibt es bislang wenig verlässliche Daten und Auswertungen auf Basis probabilistischer Stichproben“, erklären Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen und Lara Minkus von der Europa-Universität Flensburg. Gemeinsam haben sie Daten des Beziehungs- und Familienpanels (pairfam) ausgewertet, das Informationen zu partnerschaftlicher Gewalt in Deutschland erhebt.

Ökonomische Deprivation als Risikofaktor

Die Soziologinnen zeigen in ihrer Untersuchung, dass insbesondere Frauen aus ökonomisch benachteiligten Haushalten – etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit oder finanzieller Unzufriedenheit – einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, körperliche Gewalt in ihrer Beziehung zu erleben.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, was Theorien zu Machtverhältnissen und internationale Studien bereits vermuten lassen: Ökonomische Deprivation ist ein zentraler Risikofaktor für Gewalt in Paarbeziehungen“, erklären Lara Minkus und Ruth Abramowski.

Politische Implikationen für Gewaltschutz

Neben der wissenschaftlichen Bedeutung hat die Studie auch eine gesellschaftspolitische Relevanz. Die Autorinnen betonen, dass gezielte finanzielle Unterstützungsangebote für betroffene Frauen einen Beitrag zur Gewaltprävention leisten können.

„Unsere Studie zeigt: Auch in wohlhabenden Gesellschaften wie Deutschland spielt ökonomische Deprivation eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Partnerschaftsgewalt. Daher sind politische Maßnahmen gefragt, die ökonomische Abhängigkeit von Frauen abbauen und ihnen echte Handlungsspielräume eröffnen“ – so Minkus und Abramowski.

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Kontakt:
Dr. Ruth Abramowski
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 5
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58550
E-Mail: ruth.abramowski@uni-bremen.de

Polarisierung ist Teil einer pluralistischen Gesellschaft

Die Debatte um „Polarisierung“ ist von einem Widerspruch geprägt. Während immer mehr Menschen eine „Spaltung der Gesellschaft“ fürchten, zeigen Umfragen, dass die Einstellungen der Bürger:innen gar nicht auseinanderdriften.

Nachdem er sich zuletzt mit „alternativen Fakten“ befasste, widmet sich Nils C. Kumkar in seinem neuen Suhrkamp-Band einem anderen Aspekt, der die Debatte über die Debatten verwirrt. Er zeigt, dass die Beobachtung der Gesellschaft notwendigerweise Polarisierung wahrnimmt, da Letztere im politischen System mit seinen Unterscheidungen zwischen Regierung und Opposition sowie zwischen Regierenden und Regierten angelegt ist. Spaltung, so Kumkar, lässt sich letztlich nicht überwinden. Die Frage wäre, wie man produktiver spalten kann. Kumkar bietet nicht nur eine Klarstellung in der Diskussion über Polarisierung, sondern auch eine neue Erklärung für den Erfolg des Rechtspopulismus.

 


Kontakt:
Dr. Nils C. Kumkar
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 9
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58620
E-Mail: kumkar@uni-bremen.de