Thomas Kalwitzki Sachverständiger bei der Anhörung des Bundestagsausschusses für Gesundheit

Der Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestages lud am 8. Mai 2019 17 Sachverständige und Verbandsvertreter zu einer Öffentlichen Anhörung. Gegenstand waren Anträge von Bündnis 90/Die Grünen, der Linken sowie der FDP zur Reform der Finanzierung der Pflegeversicherung. Heinz Rothgang hatte dazu vorab eine Stellungnahme verfasst, zu der Thomas Kalwitzki dann in der Anhörung Fragen beantwortete.

Rothgang und Kalwitzki beklagen dabei erhebliche Gerechtigkeitsdefizite zwischen den beiden Zweigen der gesetzlichen Pflegeversicherung: der privaten Pflegepflichtversicherung und der Sozialen Pflegeversicherung. Diese führen zu einer nicht zu rechtfertigenden ungleichen finanziellen Lastenverteilung zwischen den beiden Versichertenkollektiven: Da die privat Pflegeversicherten geringere Pflegerisiken bei gleichzeitig höheren Einkommen aufweisen, wäre ein kostendeckender Beitragssatz für diese Personen nur rund ein Viertel so hoch wie bei den Sozialversicherten. Privat Versicherte sind im aktuellen Finanzierungssystem somit deutlich geringer belastet, als gesetzlich Versicherte. Damit widerspricht die derzeitige Regelung dem Postulat des Bundesverfassungsgerichts, das eine „ausgewogene Lastenverteilung“ zwischen den beiden Zweigen der „Pflegevolksversicherung“ gefordert hat.

Um dies zu ändern und die Finanzierungslast solidarisch zu verteilen, plädierten Rothgang und Kalwitzki für die Einführung einer Pflegebürgerversicherung. Diese sieht neben einer Integration der privat Pflegeversicherten in den gesetzlichen Zweig vor, weitere Einnahmearten (zum Beispiel Zinsgewinne oder Mieteinnahmen) zu verbeitragen sowie die Beitragsbemessungsgrenze anzuheben. Hierdurch wird eine finanzielle Entlastung von allen heute gesetzlich Versicherten und von einkommensschwächeren Privatversicherten erreicht.

Rothgang und Kalwitzki verwiesen zusätzlich darauf, dass eine solche Bürgerversicherung im Bereich der Pflege deutlich einfacher umzusetzen sei als etwa in der Krankenversicherung. Grund hierfür sind die bereits heute weitgehend homogenen Regelungen im Leistungs- und Leistungserbringungsrecht, durch die Widerstände und Umsetzungsschwierigkeiten wie im Krankenversicherungssektor nicht auftreten.


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de