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Ökonomische Deprivation erhöht Risiko für Gewalt in Partnerschaften gegen Frauen in Deutschland

„Obwohl Gewalt in Paarbeziehungen ein weit verbreitetes Phänomen ist, ist die empirische Faktenlage in Deutschland vergleichsweise dünn. So gibt es bislang wenig verlässliche Daten und Auswertungen auf Basis probabilistischer Stichproben“, erklären Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen und Lara Minkus von der Europa-Universität Flensburg. Gemeinsam haben sie Daten des Beziehungs- und Familienpanels (pairfam) ausgewertet, das Informationen zu partnerschaftlicher Gewalt in Deutschland erhebt.

Ökonomische Deprivation als Risikofaktor

Die Soziologinnen zeigen in ihrer Untersuchung, dass insbesondere Frauen aus ökonomisch benachteiligten Haushalten – etwa aufgrund von Arbeitslosigkeit oder finanzieller Unzufriedenheit – einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, körperliche Gewalt in ihrer Beziehung zu erleben.

„Unsere Ergebnisse bestätigen, was Theorien zu Machtverhältnissen und internationale Studien bereits vermuten lassen: Ökonomische Deprivation ist ein zentraler Risikofaktor für Gewalt in Paarbeziehungen“, erklären Lara Minkus und Ruth Abramowski.

Politische Implikationen für Gewaltschutz

Neben der wissenschaftlichen Bedeutung hat die Studie auch eine gesellschaftspolitische Relevanz. Die Autorinnen betonen, dass gezielte finanzielle Unterstützungsangebote für betroffene Frauen einen Beitrag zur Gewaltprävention leisten können.

„Unsere Studie zeigt: Auch in wohlhabenden Gesellschaften wie Deutschland spielt ökonomische Deprivation eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Partnerschaftsgewalt. Daher sind politische Maßnahmen gefragt, die ökonomische Abhängigkeit von Frauen abbauen und ihnen echte Handlungsspielräume eröffnen“ – so Minkus und Abramowski.

Den Artikel finden Sie hier


Contact:
Dr. Ruth Abramowski
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 5
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58550
E-Mail: ruth.abramowski@uni-bremen.de

Polarisierung ist Teil einer pluralistischen Gesellschaft

Die Debatte um „Polarisierung“ ist von einem Widerspruch geprägt. Während immer mehr Menschen eine „Spaltung der Gesellschaft“ fürchten, zeigen Umfragen, dass die Einstellungen der Bürger:innen gar nicht auseinanderdriften.

Nachdem er sich zuletzt mit „alternativen Fakten“ befasste, widmet sich Nils C. Kumkar in seinem neuen Suhrkamp-Band einem anderen Aspekt, der die Debatte über die Debatten verwirrt. Er zeigt, dass die Beobachtung der Gesellschaft notwendigerweise Polarisierung wahrnimmt, da Letztere im politischen System mit seinen Unterscheidungen zwischen Regierung und Opposition sowie zwischen Regierenden und Regierten angelegt ist. Spaltung, so Kumkar, lässt sich letztlich nicht überwinden. Die Frage wäre, wie man produktiver spalten kann. Kumkar bietet nicht nur eine Klarstellung in der Diskussion über Polarisierung, sondern auch eine neue Erklärung für den Erfolg des Rechtspopulismus.

 


Contact:
Dr. Nils C. Kumkar
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 9
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58620
E-Mail: kumkar@uni-bremen.de

Studie zeigt positiven Effekt des bundesweiten Screening-Programms

Das vor 20 Jahren eingeführte Mammographie-Screening-Programm für Frauen von 50 bis 69 Jahren trägt deutlich zur Verringerung der Brustkrebssterblichkeit bei. Das ist das Ergebnis einer Studie, die unter Beteiligung des SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik (SOCIUM) durchgeführt und am 9. Juli 2025 bei einer Veranstaltung mit Bundesumweltminister Carsten Schneider und Bundesgesundheitsministerin Nina Warken in Berlin vorgestellt wurde. Unter den Frauen, die an dem Mammographie-Screening-Programm teilnahmen, gingen die Brustkrebstodesfälle demnach zwischen 20 und 30 Prozent zurück. Für die Untersuchung wurden Daten aus den Jahren 2009 bis 2018 ausgewertet.

Teilnahme senkt Sterberisiko

Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jede achte Frau in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens daran. Für 18.500 Frauen pro Jahr endet die Erkrankung tödlich. Ältere und nur eingeschränkt auf Deutschland übertragbare internationale Studien ließen bereits erwarten, dass sich mit einem Mammographie-Screening-Programm für Frauen von 50 bis 69 Jahren etwa 25 Prozent der Brustkrebstodesfälle vermeiden lassen.

Die vom Bundesamt für Strahlenschutz koordinierte und unter Leitung der Universität Münster zusammen mit dem Landeskrebsregister Nordrhein-Westfalen, dem Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie – BIPS (BIPS) und dem SOCIUM durchgeführte Studie untersuchte für das deutsche Mammographie-Screening-Programm, wie stark es die Brustkrebssterblichkeit tatsächlich verringert. Die Ergebnisse bestätigen die internationalen Erkenntnisse: Von den Frauen, die am Mammographie-Screening-Programm teilnahmen, starben im Vergleich zu den Nicht-Teilnehmerinnen 20 bis 30 Prozent weniger an Brustkrebs. Es konnte also etwa jeder vierte Todesfall durch eine frühzeitige Diagnose vermieden werden. Mögliche Nachteile des Mammographie-Screenings, wie Überdiagnosen und das sehr geringe zusätzliche Krebsrisiko, das mit der Anwendung von Röntgenstrahlung bei der Untersuchung verbunden ist, waren nicht Gegenstand der Studie, sondern wurden bereits anderweitig bewertet.

Das Mammographie-Screening-Programm

Das Mammographie-Screening-Programm ist das erste systematische Krebsfrüherkennungsprogramm nach europäischen Qualitätsstandards in Deutschland und das größte Screening-Programm in Europa. Für Frauen von 50 bis 69 Jahren wurde es ab 2005 schrittweise eingeführt. Seit 2009 steht es flächendeckend zur Verfügung. Jedes Jahr nutzt etwa die Hälfte der eingeladenen Frauen das Programm. Im Juli 2024 wurde das Screening-Programm auf Frauen bis 75 Jahre ausgeweitet.

Anspruchsberechtigte Frauen erhalten alle zwei Jahre eine schriftliche Einladung zur Mammographie. Die Teilnahme ist freiwillig. Wer sich dafür entscheidet, kann die Untersuchung in einer von 95 zertifizierten Screening-Einheiten durchführen lassen. Geschulte Fachkräfte, moderne Technik und eine Begutachtung der Röntgenbilder durch zwei spezialisierte, unabhängig voneinander urteilende Ärzt*innen sorgen dabei für besonders zuverlässige Ergebnisse.

Das Mammographie-Screening-Programm richtet sich an symptomfreie Frauen. Frauen mit Symptomen oder mit vorangegangener Brustkrebserkrankung erhalten die nötigen Untersuchungen im Rahmen der regulären Krankenversorgung.

Früherkennung mit Röntgenstrahlung nur mit Zulassung

An augenscheinlich gesunden, also symptomfreien Menschen sind Röntgenuntersuchungen zur Früherkennung von Krankheiten nur dann erlaubt, wenn die Untersuchung durch das Bundesumweltministerium zugelassen wurde. Voraussetzung ist, dass der Nutzen das mit der Untersuchung verbundene Strahlenrisiko deutlich übersteigt. Für ein Mammographie-Screening-Programm für Frauen von 50 bis 69 Jahren fiel diese Bewertung Anfang der 2000er Jahre positiv aus. Seit 2018 ist das Bundesamt für Strahlenschutz für die Nutzen-Risiko-Bewertung zuständig.

Über die Studie

Die Wissenschaftler*innen verfolgten zwei parallele Untersuchungsansätze: Im sogenannten kassenbasierten Ansatz wurden Abrechnungsdaten von vier gesetzlichen Krankenkassen durch das BIPS sowie die Daten der BARMER durch das SOCIUM ausgewertet. Dadurch konnten Frauen aus dem gesamten Bundesgebiet in die Studie einbezogen werden. Im sogenannten bevölkerungsbasierten Ansatz analysierte die Universität Münster vollzählige Daten zu allen in Nordrhein-Westfalen lebenden Frauen, die im Untersuchungszeitraum Anspruch zur Teilnahme am Mammographie-Screening-Programm hatten. Dafür wurden Informationen des Landeskrebsregisters Nordrhein-Westfalen sowie des dortigen statistischen Landesamtes (IT.NRW) genutzt. Insgesamt zeigten die Ergebnisse beider Ansätze mit hoher Aussagekraft, dass die Brustkrebssterblichkeit durch das Screening um 20 bis 30 Prozent reduziert wird.

Die aus vier aufeinanderfolgenden Forschungsprojekten bestehende Studie wurde vom Bundesamt für Strahlenschutz fachlich und administrativ koordiniert. Die eigentlichen Forschungsarbeiten führte die Universität Münster zusammen mit dem Landeskrebsregister Nordrhein-Westfalen, BIPS und SOCIUM durch.

Das Bundesumweltministerium, das Bundesgesundheitsministerium sowie die Kooperationsgemeinschaft Mammographie trugen gemeinsam die Kosten von rund 10 Millionen Euro. Über die grundsätzlichen Inhalte des Forschungsprojektes entschied ein Steuerungsgremium, das von einem unabhängigen Wissenschaftlichen Beirat beraten wurde.

Der umfangreiche Ergebnisbericht (500 Seiten) mit detaillierter Darstellung der Methoden und Ergebnisse der Studie „Evaluation der Brustkrebsmortalität im deutschen Mammographie-Screening-Programm“ steht im Digitalen Online Repositorium und Informations-System DORIS unter der URN https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0221-2025062052653 zur Verfügung.

Link zur Machbarkeitsstudie

https://www.socium.uni-bremen.de/projekte/?proj=447

Link zur Hauptstudie I

https://www.socium.uni-bremen.de/projekte/?proj=588

Link zur Hauptstudie II

https://www.socium.uni-bremen.de/projekte/?proj=665

Link zum Generalunternehmer

https://www.medizin.uni-muenster.de/epi/forschung/projekte/zebra-msp/


Contact:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

PD Dr. Jonas Czwikla
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58633
E-Mail: czwikla@uni-bremen.de

Podiumsdiskussion im Rahmen des Gesundheitspolitischen Kolloquiums

Rund 100 Teilnehmer:innen besuchten die erste Podiumsdiskussion des Gesundheitspolitischen Kolloquiums am 21.05.2025 im Haus der Wissenschaft. Im Zentrum der Diskussion standen drängende Herausforderungen in der Pflege sowie notwendige politische Maßnahmen nach der Bundestagswahl. Organisiert wurde die Veranstaltung in Kooperation mit dem Alumni-Verein der Universität Bremen.

Auf dem Podium diskutierten Gäste aus Wissenschaft und Praxis: Judith Burgmeier (Mitgründerin des ambulanten Pflegedienstes vielfältig. GmbH), Jutta Dernedde (Vorstandsvorsitzende des Medizinischen Dienstes Bremen), Reinhard Leopold (BIVA-Pflegeschutzbund, Selbsthilfe-Initiative "Heim-Mitwirkung" und „wir pflegen - Interessenvertretung und Selbsthilfe pflegender Angehöriger e.V.“) sowie Prof. Dr. Heinz Rothgang (Gesundheits- und Pflegeökonom am SOCIUM). Moderiert wurde der Abend von Prof. Dr. Matthias Zündel (Integrierter Gesundheitscampus Bremen). Doch nicht nur das Podium zeichnete sich durch eine breite Expertise aus, auch unter den etwa 100 Gästen im Publikum befanden sich viele Personen, die sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit dem Thema Pflege beschäftigen. So diskutierten unter anderem Pflegekräfte, Mitarbeitende von Krankenkassen, pflegende Angehörige sowie Studierende der Universität Bremen angeregt mit.

Personalmangel und Finanzierungsfragen als Herausforderungen für die neue Bundesregierung

Das viel diskutierte Problem des Personalmangels wurde auch an diesem Abend prominent diskutiert: Die Expert:innen machten dabei aber deutlich, dass nicht, wie häufig angenommen, die Bezahlung das Hauptproblem darstellt – diese hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Vielmehr sind es die immer schwierigeren Arbeitsbedingungen, die dazu führen, dass Pflegekräfte den Beruf verlassen. Unzureichende Personalschlüssel, unplanbare Arbeitszeiten und die daraus resultierende Dauerbelastung schaffen einen verhängnisvollen Kreislauf: Wegen Personalmangels steigt die Belastung, was noch mehr Pflegende zum Berufsausstieg bewegt. Auch die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland stellt keine Universallösung dar: für diese sind englischsprachige Länder oft attraktiver, auch die Eingliederung in das deutsche Gesundheitssystem gestaltet sich teils schwierig.

Auf die Pläne der neuen Bundesregierung im Bereich der Pflege angesprochen, musste Prof. Rothgang vor allem eine Leerstelle feststellen: „Im Koalitionsvertrag steht zum Thema Pflege nicht viel. Aber nur weil nichts drinsteht, heißt das nicht, dass auch nichts passieren wird“, äußerte er sich dennoch vorsichtig optimistisch. Neben dem Personalmangel diskutierten die Podiumsgäste auch die Finanzierung der Pflege als eine der drängenden Herausforderungen für die Politik. Insbesondere für Pflegebedürftige und pflegende Angehörige stellen die seit Jahren stark steigenden Eigenanteile eine massive Belastung dar. Bei diesem Thema – wie auch in anderen Bereichen – waren sich die Podiumsgäste weitgehend darüber einig, dass es nicht an Reformkonzepten, sondern an deren Umsetzung mangelt.

Probleme gemeinsam anpacken – miteinander statt gegeneinander

Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion lag auf Vertrauensproblemen zwischen den verschiedenen Akteur:innen im Pflegesystem. Die Podiumsteilnehmer:innen identifizierten – auch in der Diskussion mit dem Publikum –Vertrauensdefizite zwischen Krankenkassen, Medizinischem Dienst, stationären Einrichtungen und ambulanten Pflegediensten als ein Hindernis für Verbesserungen. Diesen gelte es zu begegnen, um gemeinsam die Probleme in der Pflege anzupacken: nur miteinander statt gegeneinander könne man dies schaffen.

Das Gesundheitspolitische Kolloquium ist eine gemeinsame Veranstaltungsreihe des SOCIUM - Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen, dem Integrierten Gesundheitscampus Bremen und dem Wissenschaftsschwerpunkt „Health Sciences“. Weitere Informationen zur Veranstaltungsreihe finden Sie hier.

Eintragen auf den Verteiler für Informationen über zukünftige Veranstaltungen ist über folgende E-Mail-Adresse möglich: gpk.socium@uni-bremen.de

(1942 – 2025)

Das SOCIUM trauert um Winfried Schmähl, der am 26.03.2025 verstorben ist. Als 1989 neu an die Universität Bremen berufener Professor für die Ökonomie der Sozialpolitik baute er am damals gerade gegründeten Zentrum für Sozialpolitik (ZeS), einem der Vorläuferinstitute des SOCIUM, die wirtschaftswissenschaftliche Abteilung auf, der er bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2007 vorstand. Unter seiner Leitung hat diese Abteilung national wie international große Anerkennung für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung zu Fragen der Alterssicherung, Rentenpolitik und des Wandels der Arbeitswelt gewonnen.

Seine Expertise in den genannten Feldern war unumstritten und vielgefragt. Aus seiner Feder stammte 2018 das 1150 Seiten starke Standardwerk zur Geschichte der Alterssicherung in Deutschland.

Darüber hinaus engagierte Schmähl sich intensiv in der Politikberatung. Er war Vorsitzender des Sozialbeirats der Bundesregierung, Mitglied des Sachverständigenrates der Bundesregierung für den Altenbericht, Mitglied des Beirats Forschungsförderung beim Forschungsnetzwerk Alterssicherung der Deutschen Rentenversicherung sowie Mitglied der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages zum demographischen Wandel.

Mit ihm verlieren wir nicht nur einen hervorragenden Sozialpolitikforscher sowie einen tatkräftigen und ideenreichen Kollegen, sondern auch einen engagierten Menschen, der die soziale Realität seines Forschungsgegenstandes Alterssicherung – und die davon betroffenen Menschen – nie aus den Augen verloren hat. Seine Stimme wird uns fehlen.

Sprecherinnenteam, Vorstand und Mitglieder des SOCIUM sowie des ehemaligen Zentrums für Sozialpolitik (ZeS)

Neue Studie von Frank Nullmeier für die Heinrich-Böll-Stiftung


Contact:
Prof. Dr. Frank Nullmeier
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 5
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58576
E-Mail: frank.nullmeier@difis.org

Kathrin Moosdorf informiert sich über die aktuelle Forschungs- und Transfertätigkeit


Contact:
Prof. Dr. Sebastian Fehrler
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58590
E-Mail: sebastian.fehrler@uni-bremen.de

Eine Regionalanalyse gruppenbezogener Sympathien auf Basis des German Social Cohesion Panel (SCP)

Fachtag zu Gesundheitsfachkräften an Schulen bringt lokale und internationale Perspektiven zusammen

Gesundheitskompetenzen schon im frühen Alter stärken – dafür sind in Grundschulen im Land Bremen sogenannte Gesundheitsfachkräfte zuständig. Bei einem Fachtag, organisiert von der Arbeitsgruppe von Prof. Eva Quante-Brandt des SOCIUMs, tauschten sich knapp 100 Teilnehmende aus Wissenschaft und Praxis zu diesem Thema aus. Dabei war der Blick nicht nur auf Bremen gerichtet: Prof. Pernilla Garmy stellte in ihrem Vortrag das schwedische Konzept der „school nurses“ vor.

 

 Seit 2018 arbeiten Gesundheitsfachkräfte in Bremer und Bremerhavener Grundschulen in sozial schwächeren Stadtteilen und erklären und stärken gesunde Verhaltensweisen. Vom reichhaltigen Frühstück, über ausreichend Bewegung bis zum gesunden Umgang mit Medien – die Themen sind dabei vielfältig, ebenso die Methoden, mit denen gearbeitet wird. Was ursprünglich als Modellprojekt begann, wurde im Jahr 2021 verstetigt. 15 Gesundheitsfachkräfte sind mittlerweile beim Bremer Gesundheitsamt angestellt und werden in 23 Schulen eingesetzt – ein „Leuchtturmprojekt“ wie Amtsleiter Dr. Jörn Moock in seinem Grußwort zum Fachtag am 26.11.2024 sagte. Unter dem Titel „Gesundheitsfachkräfte an Schulen - Gesundheitskompetenz stärken und gesundheitliche Ungleichheiten überwinden" wurde ein Tag lang im Haus der Wissenschaft diskutiert. Im Zentrum des gemeinsamen Austauschs von Wissenschaftler:innen, Gesundheitsfachkräften, Studierenden und Lehrkräften stand vor allem die Frage, wie das Konzept der Gesundheitsfachkräfte weiterentwickelt werden kann. Dazu gab zu Beginn Prof. Pernilla Garmy, Professorin für Pflege an der Universität Kristianstad (Schweden), einen wichtigen Input, indem sie in ihrem Vortrag das schwedische Modell der „school nurses“ vorstellte.

Anders als in Deutschland ist im schwedischen Schulgesetz festgelegt, dass alle Schulen Zugang zu einer school nurse haben müssen. Diese ist wie die Bremer Gesundheitsfachkräfte für Prävention und die Aufklärung über, beziehungsweise die Stärkung von, gesunden Verhaltensweisen zuständig, übernimmt aber auch andere Aufgaben wie Impfungen. In regelmäßigen Gesprächen mit den Schüler:innen und ihren Eltern beraten die school nurses zu verschiedenen Gesundheitsfragen: „Die school nurses entlasten damit die Kinderärzte und -ärztinnen in Schweden sehr“, sagte Prof. Garmy. Neben den Kindern und ihren Eltern vermitteln die school nurses auch den Lehrkräften wichtiges Wissen, beispielsweise über chronische Krankheiten ihrer Schüler:innen und wie damit umgegangen werden muss. 

An die schwedische Perspektive schlossen kurze Vorträge zum Bremer Konzept an. Lisa Kühne, Hanna Richter und Tatiana Mamontova stellten ihre anwendungsorientierte Forschung aus dem SOCIUM (Universität Bremen) vor. Dabei standen die Auswertung von Gesundheitsdaten von Bremer Grundschüler:innen, die Netzwerkarbeit von Gesundheitsfachkräften in Stadtteilen und die organisationale Gesundheitskompetenz an Grundschulen im Mittelpunkt. Aus Sicht der Praxis stellten Claudia Kwirand (Referatsleitung, Gesundheitsamt Bremen) und Ceylan Scharrelmann (Gesundheitsfachkraft) die Arbeit der Bremer Gesundheitsfachkräfte vor. Daran anschließend präsentierte Jan Spaar eine Software, die an der Technischen Hochschule Mittelhessen derzeit zur Dokumentation der Arbeit von Gesundheitsfachkräften in Schulen entwickelt wird. 

Der grundlegende Unterschied zwischen dem schwedischen Konzept und deutschen Ansätzen, Gesundheitsfachkräfte in Schulen einzubinden, besteht vor allem in der Verankerung der school nurses im schwedischen Bildungssystem. In Deutschland, beispielsweise in Bremen, sind Gesundheitsfachkräfte hingegen in den Öffentlichen Gesundheitsdienst, und damit in das Gesundheitssystem, integriert. Die Frage, wie Bildungs- und Gesundheitssystem in Deutschland zusammenarbeiten können, um noch mehr Gesundheitsfachkräfte auch in anderen Bereichen einzusetzen, bildete einen von verschiedenen Diskussionspunkten, denen sich die Teilnehmenden in interaktiven Formaten wie einem World Café widmeten. Eine weitere zentrale Fragestellung des Tages betraf die Evaluation, also die Frage, wie die Wirksamkeit der Arbeit von Gesundheitsfachkräften in Schulen wissenschaftlich gemessen werden kann. Prof Garmy sagte dazu: „Es braucht hier sowohl quantitative Fragebögen als auch qualitative Interviews. Dabei ist es wichtig auch den Fokus auf die selbst berichteten Angaben der Kinder zu legen“.

In ihrem Fazit zum Abschluss des Tages blickte Prof. Eva Quante-Brandt auf Möglichkeiten, den Einsatz der Gesundheitsfachkräfte zu erweitern: „Eine wichtige Perspektive ist, die Gesundheitsfachkräfte auch an den weiterführenden Schulen einzusetzen, da insbesondere mit der Pubertät nochmal neue Fragen und Themen für Jugendliche aufkommen“. Außerdem müssten sich die beiden Systeme Bildung und Gesundheit der Herausforderung stellen, hier noch enger zusammenzuarbeiten: „Vielleicht könnte das Konzept der Ganztagsschulen ein wichtiger Eisbrecher sein, um die verschiedenen Akteure und Akteurinnen beider Systeme näher zusammenzubringen“.

 


Contact:
Prof. Dr. Eva Quante-Brandt
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58531
E-Mail: eva.quantebrandt@uni-bremen.de

Hanna Richter
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58560
E-Mail: hrichter@uni-bremen.de

Lisa Kühne
SOCIUM Research Center on Inequality and Social Policy
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-57050
E-Mail: Lisa.kuehne@uni-bremen.de

Markus Tepe als stellvertretender Vorsitzender der Deutschen Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) wiedergewählt

Die Deutsche Vereinigung für Politikwissenschaft (DVPW) ist mit derzeit über 2.000 Mitgliedern die größte Fachorganisationen für Politikwissenschaft. Sie vertritt nicht nur das Fach etwa bei Anhörungen durch Parlamente oder gegenüber den Kultusbehörden für das Schulfach Politik, sondern schlägt auch die Vertreterinnen und Vertreter des Fachs für die Wahl der Fachkollegien der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) vor. Der neue Vorsitz ist wie der neue Vorstand für eine Drei-Jahres-Periode (bis 2027) gewählt. Markus Tepe war bereits im bisherigen Vorstand (2021-2024) stellvertretender Vorsitzender der Vereinigung.

Markus Tepe ist seit Oktober 2023 Professor für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Politisches System der Bundesrepublik sowie Theorie und Empirie des Wohlfahrtsstaates an der Universität Bremen sowie Abteilungsleiter am SOCIUM. Er studierte Politikwissenschaft, Öffentliches Recht und Wirtschaftspolitik in Münster und promovierte an der Freien Universität Berlin. Forschungsaufenthalte führten ihn unter anderem an die Universitäten Stanford und Yale. Tepe war Juniorprofessor für Positive Politische Theorie und zuletzt Professor für das Politische System Deutschlands an der Universität Oldenburg. Seine Forschung befasst sich mit den Determinanten von Wahl- und Entscheidungsverhalten in Politik und Verwaltung.

Weitere Informationen

https://www.dvpw.de/informationen/infos/details/news/neuer-dvpw-vorstand-gewaehlt-1

 


Contact:
Prof. Dr. Markus Tepe
Unicom-Building
Mary-Somerville-Straße 5
28359 Bremen
Phone: +49 421 218-58520
E-Mail: markus.tepe@uni-bremen.de