
Das SOCIUM trauert um Claus Offe, der am 01.10.2025 verstorben ist. Er kam 1988 als Professor für Politikwissenschaft an die Universität Bremen und gehörte zu den Gründungsvätern des interdisziplinären Zentrums für Sozialpolitik (ZeS), eines der Vorläuferinstitute des SOCIUM. Hier baute er, anfangs zusammen mit Ulrich K. Preuß, die Abteilung „Theorie und Verfassung des Wohlfahrtsstaates“ auf, der er bis zu seinem Wechsel an die Humboldt Universität zu Berlin 1995 vorstand.
Offe brachte nicht zuletzt aus seiner Tätigkeit am Max-Planck-Institut in Starnberg, an den Universitäten Frankfurt am Main und Bielefeld sowie aus Forschungsaufenthalten in Berkeley und an Harvard ein umfangreiches Werk und weltweit hohes Ansehen im Fach mit nach Bremen. Das gab dem Zentrum für Sozialpolitik nicht nur den dringend nötigen Rückenwind in der scientific community, sondern bot Erfahrungen, Kontakte und interdisziplinäre Kooperationen, um das ZeS sehr schnell im nationalen wie internationalen Umfeld zu verankern.
Offe war nicht nur ein vielgefragter Teilnehmer und Redner auf Workshops und Seminaren. Seine vielschichtigen Forschungsinteressen realisierte er auch in seiner Bremer Zeit in einer großen Zahl an Veröffentlichungen. Die Kombination von grundlegenden Fragen der Sozialwissenschaften und der Gesellschaftstheorie mit aktuellen Themen als empirischen Forschungsgegenständen und deren interdisziplinären Bearbeitung sind weiterhin prägend. So kooperierte er beispielsweise 1993 in einem Projekt mit Winfried Schmähl, um die in Deutschland anstehende Einführung der Pflegeversicherung aus politik- und wirtschaftswissenschaftlicher Sicht zu untersuchen. Daraus entstanden die bundesweit ersten sozialwissenschaftlichen Analysen zu dieser Erweiterung der deutschen Sozialversicherung.
Im Zentrum der Bremer Zeit steht zudem der umfangreiche Vergleich der Transformationsphasen in den mittel- und osteuropäischen Staaten nach dem Zerfall der Sowjetunion. Offe warnte vor dem Problem der Gleichzeitigkeit von politischem, wirtschaftlichem und sozialem Strukturwandel, der historisch so kein Vorbild besitze. Wolle man die Bevölkerung nicht auf diesem Weg zu Demokratie und Marktwirtschaft verlieren, dann müsse dieser Umbruchprozess sozial abgefedert werden.
Claus Offe hat die Aufgabe der Wissenschaft immer auch in der Kritik an Gesellschaft und Staat gesehen und sich folglich nie gescheut, klar Position zu beziehen. Mit ihm verlieren die bundesdeutschen Sozialwissenschaften nicht nur eine ihrer engagiertesten Stimmen, sondern auch einen der theoretisch ideenreichsten Sozialwissenschaftler.
Sprecherinnenteam, Vorstand sowie die Mitglieder des SOCIUM sowie des ehemaligen Zentrums für Sozialpolitik (ZeS)