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Dr. Ruth Abramowski als Sachverständige bei Anhörung im Deutschen Bundestag

Am Montag, den 15. März 2021 wurde das Vorhaben der Bundesregierung, für die Erhebung statistischer Daten zur Zeitverwendung eine eigene gesetzliche Grundlage zu schaffen, im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend diskutiert.

Ruth Abramowski vom SOCIUM Forschungszentrum für Ungleichheit und Sozialpolitik der Universität Bremen wurde als Sachverständige zur Anhörung eingeladen. In ihrer Stellungnahme betont sie, dass die Zeitverwendungserhebung nicht nur relevante Erkenntnisse über zeitliche Gestaltungsspielräume und Arbeitsbelastungen liefert, sondern auch eine äußerst zentrale Datenbasis für die Messung des Wohlstandes von Bevölkerungen ist. Lücken weist der Gesetzesentwurf jedoch aus ihrer Sicht insbesondere bezüglich der Erhebungsmerkmale auf (§ 6 Absatz 1).

Mental Load und Auslagerung von Care-Arbeit präzisieren

Für die Erfassung des gesellschaftlichen Wohlbefindens sei eine Präzisierung der unbezahlten Care-Arbeit einschließlich des „Mental Loads“ notwendig, so Ruth Abramowski. Alle organisatorischen Tätigkeiten, die zu kognitiven Stresssituationen führen können, seien en détail und explizit als weiteres eigenständiges Erhebungsmerkmal zu erfassen und in den Gesetzesentwurf in § 6 Absatz 1 zu integrieren.

Mit Verweis auf mehr als 500.000 informell und überwiegend schwarz beschäftigte Pflegemigrantinnen in Deutschland, die in keiner amtlichen Statistik auftauchen, sollte vornehmlich auch die Auslagerung von Care-Arbeit präziser erhoben werden.

Weitere Kritikpunkte der Stellungnahme sind, dass Kinder nicht als undurchsichtige Sammelkategorie erfasst werden sollten, sondern eine Erhebung von leiblichen Kindern, Stiefkindern, Adoptiv- und Pflegekindern empfehlenswert sei. Eine detailliertere Informationsgrundlage wäre auch in Bezug auf nicht im Haushalt lebende Kinder und im Hinblick auf das Arbeiten im Homeoffice wünschenswert. Ferner sei zu prüfen, inwieweit für Zugangsmöglichkeiten zu digitalen Medien, Zeitverwendung und Zweck der Mediennutzung eine umfassendere Datengrundlage geschaffen werden könnte.

Kürzere Erhebungsintervalle und Paneldatenstruktur

Die zehnjährigen Erhebungsintervalle (§ 5 Absatz 1) würden es erschweren, gesellschaftliche Entwicklungsdynamiken adäquat darzustellen, weshalb sich Ruth Abramowski für wiederholte Erhebungen in einem fünfjährigen Abstand und für eine Paneldatenstruktur ausspricht. Paneldaten bieten den Vorteil, kausale Mechanismen (Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge) besser erfassen zu können als Querschnittsdaten und sind darüber hinaus in Bezug auf die inhaltliche Lebensverlaufsperspektive auf Verwirklichungschancen (vgl. Zweiter Gleichstellungsbericht) relevant. Im Fall von Paneldaten werden die gleichen Individuen zu mehreren Messzeitpunkten befragt, wodurch biographische Veränderungen im Lebensverlauf statistisch abgebildet werden.


Kontakt:
Dr. Ruth Abramowski
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 5
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58550
E-Mail: ruth.abramowski@uni-bremen.de

10 Bremer Wissenschaftlerinnen aus drei Fachbereichen (6, 8, 12) und drei Instituten (bigas, artec, SOCIUM) gründen interdisziplinäres Lab

Worum geht es?

Forschungsinnovationen brauchen Kooperationen. Das im Rahmen der Worlds of Contradiction (WoC) neu gegründete interdisziplinäre Lab wird sich der Thematik „Violence, Age and Gender“ aus rechts- und sozialwissenschaftlicher Perspektive nähern und Kompetenzen bündeln. Ziel des Labs ist es, nationales und internationales Wissen über Vorkommen und Ursachen geschlechtsspezifischer Gewalt und Belästigung im öffentlichen, institutionellen sowie auch privaten Raum interdisziplinär zusammenzuführen, um daraus weitere Forschungsfragen abzuleiten sowie Strategien zur Gewaltprävention zu entwickeln. Ausgangspunkt dafür ist das aktuelle Übereinkommen 190 über die Beseitigung von Gewalt und Belästigung in der Arbeitswelt der internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

Gewalt strukturell und individuell zu erleben heißt, in und mit Widersprüchen zu leben. Formen der Gewalt werden zu verschiedenen Zeiten des Lebens und in unterschiedlichen Konstellationen erfahren; gesellschaftliche sowie individuelle Entwicklungschancen werden dadurch beeinträchtigt.

Zehn Bremer Wissenschaftlerinnen aus drei Fachbereichen (6, 8, 12) und drei Instituten (bigas, artec und SOCIUM) nutzen für die Untersuchung von gewaltinduzierten Widersprüchen im Lebens(ver)lauf Gender als gemeinsames zentrales Analysekriterium, unter Einbezug einer intersektionalen Perspektive. Aus den jeweils miteinander verschränkten Ungleichheitsdimensionen Geschlecht, Alter, Klasse bzw. Schicht und Ethnizität ergeben sich Überlagerungen mit Gewalt, Migrationsprozessen und Rassismus.

Der zugrunde gelegte interdisziplinäre und interdependente Gewaltbegriff erlaubt die Untersuchung staatlicher, institutioneller, organisationaler oder interpersoneller Gewalt gegenüber Menschen aller Geschlechter und verschiedener Altersgruppen sowie von Machtbeziehungen, wie beispielsweise in Arbeitsverhältnissen oder bezüglich Mehrfachdiskriminierungen. Als Grundlage dienen Quellen zu internationalen und regionalen völkerrechtlichen Übereinkommen einschließlich deren Überwachung sowie Forschungsergebnisse aus den Rechts-und Sozialwissenschaften.

Das Lab knüpft somit an die an der Universität Bremen seit den 1980er Jahren etablierte Genderforschung an und verfolgt mit der interdisziplinären Sichtweise auf das Thema Gewalt einen Theorie-Praxis-Transfer, der dazu beiträgt, Lebensverhältnisse konkret zu verbessern. Die Forschungsergebnisse werden als Transferangebot für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft zur Verfügung gestellt.

Wer arbeitet hier?

Prof. Dr. Konstanze Plett, LL.M. (Gründungsmitglied)
Prof. Dr. Ursula Rust (Gründungsmitglied)
Prof. Dr. Simone Scherger (Gründungsmitglied)
Prof. Dr. Ines Weller (Gründungsmitglied)
Prof. Dr. Betül Yarar (Gründungsmitglied)
Ass. Prof. Dr. Fatma Karakaş-Doğan (Gründungsmitglied)
Dr. Ruth Abramowski (Gründungsmitglied)
Dr. Anna Hokema (Gründungsmitglied)
Dr. Sylke Meyerhuber (Gründungsmitglied)
Dr. Sabine Ritter (Gründungsmitglied)
Wiebke Blanquett, M.A. (Gründungsmitglied)
Privatdozent Dr. Thorsten Fehr (seit 13.07.2020)

Neben den beteiligten aktiven Wissenschaftler_innen steht das Lab in einem Austausch mit den in der Bremer Tradition universitärer Genderforschung stehenden Kolleginnen Prof. Dr. Karin Gottschall (FB 8, Vorstand SOCIUM, Leiterin der Abteilung „Ungleichheitsdynamiken in Wohlfahrtsgesellschaften“) und Prof. Dr. Gabriele Bolte (FB 11, Geschäftsführende Direktorin des IPP).

Was findet statt?

Für 2021 sind verschiedenen Vorträge bzw. Workshops mit anerkannten europäisch und international aktiven Jurist_innen und zu Gewalt forschenden Soziolog_innen geplant. Eine größere Konferenz (mit ca. 100 Teilnehmenden) für Anfang Dezember 2021 in der Evangelischen Akademie Loccum mit der anschließenden Veröffentlichung eines Sammelbandes ist bereits in Planung.

Kontakt:
Prof. Dr. Ursula Rust
Fachbereich Rechtswissenschaft
Universitätsallee, GW1
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-66080
E-Mail: urust@uni-bremen.de


Dr. Ruth Abramowski
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 5
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58550
E-Mail: ruth.abramowski@uni-bremen.de

 

SOCIUM-Mitglied sowohl mit dem Preis der Österreichischen Gesellschaft (ÖGS) für Soziologie im Bereich Familiensoziologie als auch dem AK-Wissenschaftspreis 2019 der Arbeiterkammer Salzburg geehrt

Ruth Abramowski, seit März 2019 Postdoc-Mitarbeiterin am SOCIUM, wird für ihre an der Universität Salzburg abgeschlossene Doktorarbeit „Bringing Power Back In: Zur Kontinuität traditioneller innerhäuslicher Arbeitsteilungsarrangements in Paarbeziehungen - Ein europäischer Vergleich“ durch beide Preise zweimal ausgezeichnet. Wie erklärt sich die Aufteilung der innerhäuslichen Arbeit in Paarbeziehungen im europäischen Vergleich? Und was heißt das für die Umsetzung auf Gleichberechtigung fußender gesellschaftlicher Normvorstellungen? Ruth Abramowski nimmt sich in ihrer Doktorarbeit zentrale Themen der Familiensoziologie aus neuer Perspektive vor, die eine Typologie individueller, kultureller und institutioneller Dimensionen von Macht umfasst.

In Paarbeziehungen spiegeln sich nicht nur gesellschaftliche, kulturell verankerte Verhaltensnormen sowie deren Veränderungen über Zeit. Sie sind vielmehr Ausdruck konkreter Machtverhältnisse. Weil das in der bisherigen Forschung vernachlässigt wird, scheitern zwangsläufig viele wohlgemeinte Vorschläge zur Verbesserung der Gleichberechtigung der Arbeitsverhältnisse. Beide Preise loben nicht nur die erfrischend neue Perspektive der Untersuchung, sondern auch die sowohl mikro- als auch makrosoziologisch fundierte theoretische Argumentation und Methodik. Damit weist die Arbeit neue interessante Wege in einem zentralen familiensoziologischen Arbeitsfeld.

Der Preis der ÖGS für herausragende Dissertationen wurde für NachwuchswissenschaftlerInnen konzipiert, die ihre familiensoziologische Qualifizierungsarbeit im Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.03.2019 an einer österreichischen Universität eingereicht haben. Mit dem AK Wissenschaftspreis fördert die Arbeiterkammer NachwuchswissenschaftlerInnen aller Fachrichtungen der Universität, Fachhochschule oder Pädagogischen Hochschule Salzburg für ihre einschlägigen Qualifizierungsarbeiten (Dr., M.A. oder Dipl. von 2018 - 2019).

Ruth Abramowski hat an der Universität Stuttgart ihr Bachelorstudium der Sozialwissenschaften absolviert (2008 - 2011), gefolgt von einem Masterstudium der Sozialwissenschaften an der Universität in Oldenburg (2011 - 2013). Die Promotion (2014 - 2018) erfolgte im Fach Soziologie an der Universität Salzburg, bevor sie im März 2019 ihre Postdoc-Stelle an der Universität Bremen aufnahm.

Kontakt:
Dr. Ruth Abramowski
Universität Bremen
SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik
Mary-Somerville-Str. 5
28359 Bremen

Tel.: +49 (0)421 218-58550
E-Mail: ruth.abramowski@uni-bremen.de