Wir trauern um Rainer Müller, Gründungsmitglied des Zentrums für Sozialpolitik (ZeS) und dessen langjähriger Sprecher

Rainer Müller war Mediziner und Soziologe. Das erklärt sowohl die Breite seiner Forschungsinteressen als auch seine ungewöhnliche Bereitschaft, sich als Professor für Ergonomie und Arbeitsmedizin am Aufbau eines interdisziplinären sozialwissenschaftlichen Instituts zu beteiligen.

Nach Medizinstudium und Promotion in Münster und einem Soziologiestudium an der FU Berlin war Müller Assistenzarzt in Hagen und Berlin sowie Oberarzt an der RWTH Aachen. 1976 berief ihn die noch junge Universität Bremen auf eine Professur für Arbeitsmedizin. Rainer Müller wusste die Chancen des Neuaufbaus in Bremen zu nutzen. Er war einer der ersten, die Krankenkassendaten systematisch nicht nur für die arbeitsmedizinische, sondern auch sozial- und gesundheitspolitische Forschung auswerteten. Er steht ferner  für den Aufbau von Public Health als neuem Forschungsfeld und Studiengang hier in Bremen. Dabei reichte sein Interessenspektrum von der Arbeitsmedizin und -wissenschaft über Gesundheitspolitik, die Haltung der Krankenkassen zu Rehabilitation, die Professionalisierung der Betriebsärzte bis hin zu sozialer Ungleichheit bei Gesundheit und Tod.

Das fügte sich nicht nur 1988 gut in das Konzept für den ersten Bremer DFG-Sonderforschungsbereich 186 „Statuspassagen und Risikolagen im Lebenslauf“, bei dem er über die ganze Laufzeit hinweg ein Teilprojekt leitete. Es passte auch in den Rahmen eines Antrages bei der VolkswagenStiftung zur Anschubfinanzierung eines interdisziplinären Zentrums für Sozialpolitik (ZeS) an der Universität Bremen, das 1988 seine Arbeit aufnahm und in dem er die Abteilung Gesundheitspolitik, Arbeits- und Sozialmedizin aufbaute und bis zu seiner Pensionierung 2007 leitete. Von 1994 bis 2006 stand er dem ZeS, der Vorgängerinstitution des heutigen SOCIUM, auch als dessen Sprecher vor.

Von 1984 bis 2009 war er zusätzlich als Betriebsarzt in Bremen tätig und von 1989 bis 2013 als Dozent der Linzer Akademie für Arbeitsmedizin und Sicherheitstechnik. Auch nach seiner Pensionierung trat er zusammen mit anderen national und international für eine stärkere Verankerung von Public und Global Health in Wissenschaft und Praxis ein.

Mit Rainer Müller verliert das SOCIUM nicht nur eine der besonders engagierten Gründungspersonen, die prägend für neue Forschungsrichtungen wurden. Wir verlieren auch einen warmherzigen Kollegen, der den Nachwuchs  zu motivieren wusste und ihm gleichzeitig viel Raum ließ, seine eigenen Forschungswege zu gehen. Und wir verlieren einen Kollegen, der nie vergessen hat, dass universitäre Forschung auch konkrete Ergebnisse für die Menschen liefern sollte. Die Lücke ist groß, die er uns hinterlässt.

Kontakt:
Prof. Dr. Betina Hollstein